In der Schlacht gegen Malaria wird eine neue Front eröffnet. Mit Hilfe verteilter Rechenpower werden epidemiologische Modelle durchdekliniert. Derweil bläst der Impfstoffhersteller Glaxo zu einer Großstudie mit einem Malariaimpfstoff in Afrika. Mit dabei sind auch Bill Gates und seine Milliarden.
Der Kampf gegen die Malaria geht in eine neue Runde. Noch immer ist dievon Plasmodien verursachte Erkrankung lautWeltgesundheitsorganisation WHO mit 300 bis 500 MillionenNeuinfektionen pro Jahr eine der häufigsten menschlichenInfektionskrankheiten überhaupt. In jedem Fall ist sie eine dertödlichsten: Mehr als eine Million Opfer rafft sie pro Jahr dahin. DieMalaria spielt damit in derselben Liga wie die HIV-Infektion und dieTuberkulose. Da tröstet es wenig, dass die Zahl der Malariainfektionen inDeutschland seit Jahren zurück geht: 628 Infektionen gibt das Robert Koch Institutfür 2005 an, achtzig weniger als 2004 und knapp zweihundert weniger als2003. Ein globaler Trend ist das nicht. Länder, die als malariafreigalten, melden sich auf der Malarialandkarte zurück. Aktuell gilt daszum Beispiel für das beliebte Touristenziel Bahamas, wo kürzlich aucheine deutsche Touristin betroffen war.
Ansturm der Philanthropen war größer als erwartet
Wissenschaftler des Schweizer Tropeninstituts wollen der Malariajetzt mit Hilfe des verteilten Computerprojekts Malariacontrol.net zu Leibe zu rücken. Beim"distributed computing", wie das verteilte Rechnen auch genannt wird,können Freiwillige aus aller Welt nicht benötigte Rechenleistung ihrerPrivat-PC für Forschungszwecke zur Verfügung stellen, sofern sie übereinen Internetanschluss verfügen. Dazu wird eine Software heruntergeladen, die sich selbständig "Arbeitspakete" vom Forschungsserverbesorgt und diese dann bearbeitet wieder zurückschickt. Das bekanntestederartige Unterfangen ist SETI@home, bei dem es darum geht, dasatmosphärische Wellenspektrum nach Signalen von Außerirdischen zudurchforsten. Bei Malariacontrol.net, das über die Webseite von Africa@homeherunter geladen werden kann, geht es nicht um grüne Männchen, sondernum epidemiologische Fragestellungen. Es werden Modelle durchgerechnet,die die Übertragungsdynamik und die gesundheitlichen Auswirkungen derMalaria simulieren. Ziel ist es, aufbauend auf diesen Modellen dieVerteilung von Moskitonetzen, Malariamedikamenten oder neuenImpfstoffen in Zentralafrika effizienter zu gestalten. Wer die Softwareauf seinem PC installiert, bei dem läuft sie im Hintergrund und schicktihre Ergebnisse regelmäßig an den an der Universität Genf angesiedeltenForschungsserver. Weil das Interesse philanthropischer Computernutzeran dem Projekt unerwartet groß war, werden im Moment allerdings keineneuen Registrierungen mehr angenommen. In wenigen Wochen soll sich daswieder ändern.
Big Pharma trifft Big Gates
Dass zielgerichtete Strategien zur Verteilung von Netzen, Medikamentenund vor allem künftigen Impfstoffen das A und O der Malariabekämpfungsind, hat auch die Bill & Melinda Gates Foundation erkannt.Mit Mitteln aus der Gates-Stiftung wird deswegen im Rahmen der Malaria VaccineInitiative eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut, diesicherstellt, dass Impfstoffe, wenn sie denn einmal zur Verfügungstehen, auch bei denen ankommen, die sie brauchen. Die meisten Augenrichten sich dabei im Moment auf das Unternehmen GlaxoSmithKline (GSK),das mit Bill Gates ein Joint Venture vereinbart hat. GSK hat eineMalariavakzine in der Pipeline, die aktuellen Planungen zufolge imJahre 2010 in Afrika zugelassen werden könnte. "Der Impfstoff richtetsich gegen Oberflächenstrukturen der Plasmodien zu einem frühenZeitpunkt der Infektion", sagt Dr. Joe Cohen, der bei GSK für dieImpfstoffentwicklung zuständig ist. Er ist sich sicher, dass dieImpfung ein Durchbruch wird, so sicher, dass GSK schon jetzt mit demAufbau der Produktionsstätten in Rixensart in Belgien beginnt.
Die Impfung verhindert zwar nicht die Infektion. Aber die Häufigkeitvon schweren Verläufen wird stark reduziert. Theoretisch hat das sogarVorteile gegenüber dem Komplettschutz, weil so die regelmäßig zubeobachtende Ausbildung einer protektiven Immunität bei Erwachsenennicht ausgebremst wird. Untersucht wurde die Wirksamkeit des neuenImpfstoffs bisher bei über zweitausend Kindern zwischen einem und vierJahren in Mocambique. Hier konnte die Häufigkeit schwererMalariaverläufe in den 18 Monaten nach der Impfung um die Hälftereduziert werden. "Die eigentliche Zielgruppe der Impfung sindallerdings die Kinder zwischen vier und sechs Monaten", erläuterteCohen auf einer GSK-Veranstaltung in Berlin. Hier stehen jetztSicherheits- und Effektivitätsstudien an, bevor dann, voraussichtlichim Jahr 2008, eine große afrikanische Multicenterstudie beginnt. Siesoll die Grundlage für einen Zulassungsantrag sein, der, ein Novum,nicht in den USA oder Europa, sondern zunächst in der dritten Welterfolgt.