Die weltweit kleinste Herz-Kreislauf-Maschine ist in Regensburg vor kurzem in die Luft gegangen. Die tragbare Einheit ermöglicht den lebensrettenden Transport von Patienten mit instabilem Kreislauf.
Der Fall: Eine 50-jährige Patientin erleidet eine Gehirnblutung undliegt in einem kleineren Krankenhaus in der Nähe der oberpfälzischenStadt Regensburg. Nach einem Kreislaufstillstand wird sie zwarerfolgreich wiederbelebt, ihr Zustand lässt sich jedoch nichtstabilisieren. Die bestmögliche Versorgung bekäme sie in der Universitätsklinik in Regensburg, unter diesen Umständen ist ein Transport aber ein großes Wagnis.
Dass sie sicher das Herzzentrum erreicht hat und dort nach 14 Tagen dieIntensivstation verlassen konnte, verdankt sie einem etwa 10 Kilogrammschweren Gerät von der Größe zweier Schuhkartons. Der Apparat ist dasProdukt einer Zusammenarbeit zwischen den Regensburger Herzchirurgenund Kardiotechnikern unter der Leitung von Alois Philipp und die erstetragbare Herz-Lungen-Maschine der Welt, die auch in einen Hubschrauberpasst.
Weniger Komplikationen bei Herz-OPs
Schon seit einigen Jahren ist ein miniaturisiertes System einer Herz-Lungen-Maschine, genannt "MECC©" (für Minimal-Extracorporal Circulation) in Regensburg im Einsatz. "Bei Bypass-Operationen verwenden wir fast nur mehr das MECC©-System", erklärtDietrich E. Birnbaum, Direktor der Regensburger Klinik für Herz-, Thorax- und herznaher Gefäßchirurgie im Gespräch mit DocCheck. Es bietetgegenüber den früheren sperrigen Herz-Lungen-Maschinen eine Reihe vonVorteilen: statt mit 1200 Milliliter arbeitet das miniaturisierteSystem mit einem Füllvolumen von knapp 500 Milliliter, die Gefahr vonLungenfunktionsstörungen und eingeschränkter Sauerstoffkapazitätaufgrund der Hämodilutionverringert sich dadurch. Anders als bei älteren Modellen gibt es hierkeinen Blut-Luft-Kontakt, Totwasserareale oder unphysiologischeStrömungen, die zur Aktivierung des Komplementsystems und Störungen beider Blutgerinnung führen. Dazu trägt auch die vollständige Beschichtung der Oberfläche mit Heparin bei.
Während Herzchirurgen in anderen Zentren zunehmend auf den Einsatz vonHerz-Lungen-Maschinen verzichten, setzt man in Regensburg auf dasProdukt der eigenen jahrelangen Entwicklung derKardiotechnik-Abteilung. Auf dem Deutschen Chirurgenkongress 2005berichtete Andreas Liebold, inzwischen stellvertretender Direktor derherzchirurgischen Klinik in Rostock, über Studien mit miniaturisiertenHerz-Lungen-Maschinen. 517 Patienten, die sich einer Bypass-Operationmithilfe des MECC©-Systems unterzogen, kamen im Vergleich zur gleichenAnzahl an Patienten bei einem konventionellen, offenen und nichtbeschichteten System mit sehr viel weniger Fremdblut aus (30 gegenüber79 Prozent). Typische Komplikationen nach der Operation nahmen deutlichab. Durchschnittlich um 60 Prozent verringerte sich die Häufigkeit vonVorhofflimmern, ventrikulären Rhythmusstörungen oder Schlaganfällen.Insbesondere das zentrale Nervensystem wird bei dieser Methode weitausbesser versorgt. Das zeigen die Messwerte für Gewebsoxygenierung unddas verringerte Auftreten gasförmiger Mikroembolien.
Unterwegs auf der Straße und in der Luft
Mehr als 1000 mal haben die Chirurgen in Regensburg inzwischen Herzkranzgefäße mit Hilfe des MECC© erfolgreich operiert. Dietrich Birnbaum will abernoch mehr. Durch die weitere Verkleinerung der pumpenden künstlichenLunge soll das System jetzt auch unterwegs auf der Straße und in derLuft immer öfter zum Einsatz kommen. Ein stabiler Kreislauf ist dieVoraussetzung für einen sicheren Transport eines schwerkrankenPatienten in eine Spezialklinik, die sich am besten um ihn kümmernkann. Wie zum Beispiel auch um jene Patientin mit der akutenGehirnblutung. Die Mittelbayrische Zeitung zitiert Matthias Arlt,Anästhesist am Klinikum Regensburg mit folgenden Worten: "Wenn wirdieses Gerät nicht gehabt hätten, dann wäre die Patientin vor Ort wohlin den nächsten Stunden gestorben".