Seit Oktober 2005 verhandeln der Marburger Bund und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (kurz "TdL") über einen arztspezifischen Tarifvertrag für die rund 20.000 Universitäts- und Landeskrankenhausmediziner. Am 16. Juni 2006 - nach über 13 Wochen Streik an den Kliniken - haben sich die beiden Parteien endlich auf den Abschluss eines Ärzte-Tarifvertrages geeinigt. Was bedeutet das für uns Studenten und zukünftige Ärzte?
Der Grundtenor in Heidelberg war, wie wohl an allen Universitätskliniken, eindeutig: Wenn sich nicht bald etwas bewegt, oder die Verhandlungen (woran keiner denken wollte) gar ergebnislos verlaufen würden, sei für die nächsten 25 Jahre in Bezug auf realistische Tarifgespräche wohl der Zug abgefahren. Und das am frühen Morgen, zwischen der Biochemie-Vorlesung und dem Zellbio-Seminar...! Was will man - als armer Vorklinikstudent - noch dazu sagen? Hier werden Dinge geregelt und erkämpft, die mich momentan (so schlimm das auch klingen mag) nur ganz peripher berühren. Klar will ich später gute Arbeitsbedingungen und gerechten Lohn für meine idealistische Arbeit - kurz vor Klausuren oder gar dem Examen ist sich aber jeder der Nächste... Oder...? Lange und zähe Gespräche musste ich in den letzten Wochen mit Freunden und Verwandten führen; und jedes Mal ging es um das Thema, ob denn Ärzte wirklich "so schlecht" verdienen würden, wie das immer dargestellt wird. In anderen Branchen erkämpfen die Gewerkschaften gerade einmal 2,5% mehr Lohn - und die Halbgötter in Weiß wollen gleich 30% mehr Kohle am Monatsende?! Ist denn der neue Porsche wirklich so teuer im Unterhalt...??? Was bei der Geschichte stets vergessen und/oder verdrängt wird, ist die Tatsache, dass junge Kolleginnen und Kollegen sich seit Jahren in Not-, Spät und Nachtschichten im wahrsten Sinne des Wortes den Allerwertesten für die Patienten aufreißen, und dafür im Schnitt (umgelegt auf die geleisteten Arbeitsstunden) nicht mehr verdienen als die oft zitierte Putzfrau. Ganz zu schweigen von sogenannten "Horrorschichten" von 30 Stunden und mehr am Stück. Dies alles soll nun also bald der Vergangenheit angehören?! Es ist vielleicht nicht ganz so einfach, wie es nun scheint, oder wie sich das manch Optimist im ersten Freudentaumel ausmalt. Fakt ist jedoch, dass nun das Tarifangebot der TdL an den Marburger Bund (welches in Kürze zur Urabstimmung vorgelegt werden wird) viele Punkte klärt und regelt, die es uns und unseren Kolleginnen und Kollegen in Zukunft wohl um ein Vielfaches leichter machen werden, dem Arztberuf nachzugehen. Neben der, bitter benötigten, bindenden Regelung der Wochenarbeitszeit, der Begrenzung von 12-Stunden-Schichten, sowie der Festlegung der täglichen Höchstarbeitszeit im Bereitschaftsdienst, wird der Ausübung wissenschaftlicher Tätigkeit und der Entlastung patientenferner Aufgaben ein besonderes Augenmerk gewidmet. Last but not least lassen die Entgeldtabellen einen Schritt nach vorne (besser: oben) erahnen, der die finanzielle Entlohnung der Ärztinnen und Ärzte in einen gerechtfertigteren Rahmen hebt. Das Erfreuliche hierbei ist, dass nicht nur die Chef- und Oberärzte (wohlverdient!) an der Verbesserung partizipieren, sondern auch die Assistenzärzte ab dem 1. Jahr spürbar mehr (Brutto)Gehalt zugesprochen bekommen. Der streikbedingte Unterrichtsausfall in der Klinik ist also vorbei, und das Engagement scheint sich wirklich gelohnt zu haben...ich kann mich also wieder ruhigen Gewissens meinen vorklinischen Problemchen widmen...!