Eine niederländische Studie musste wegen unerwarteter Todesfälle vorzeitig abgebrochen werden. Es sollte die Wirkung des Viagra-Wirkstoffs Sildenafil bei fetalen Wachstumsstörungen untersucht werden. Elf Kinder starben nach der Geburt an Lungenproblemen. Nun äußert sich der Studienleiter.
In den Niederlanden wurde eine klinische Medikamentenstudie mit Sildenafil nach dem Tod von elf Babys abgebrochen. Der Viagra-Wirkstoff wurde an Schwangere verabreicht, deren Kinder fetale Wachstumsstörungen hatten, in der Hoffnung mit dem Medikament das Wachstum der Ungeborenen zu fördern. Die Forscher des Academic Medical Center (AMC) der Universität Amsterdam beabsichtigten, die Durchblutung der Plazenta mit der gefäßerweiternden Wirkung von Sildenafil zu verbessern. An der Studie, die 2015 begann und ursprünglich bis 2020 andauern sollte, nahmen insgesamt 183 Schwangere teil. 93 Frauen wurde der Wirkstoff Sildenafil (25 mg 3-mal täglich) verabreicht, während in der Kontrollgruppe 90 werdende Mütter ein Placebo erhielten. In der Sildenafil-Gruppe starben laut Angaben des AMC insgesamt 19 Babys nach der Geburt, 11 der Todesfälle seien auf letale Lungenprobleme zurückzuführen. In der Pressemitteilung des AMC wird keine genaue Diagnose angegeben.
Die Mediziner vermuten, dass ein erhöhter Blutdruck im zarten Lungengewebe zu einer Sauerstoffunterversorgung führte. Sechs weitere Babys in der Experimentalgruppe entwickelten ebenfalls Störungen der Lungenfunktion, starben jedoch nicht daran. Zum Vergleich: In der Kontrollgruppe starben 9 von 90 Kindern, jedoch ließ sich keiner der Todesfälle auf Lungenprobleme zurückführen. Drei weitere Babys aus dieser Gruppe litten an nicht letalen Lungenproblemen. Zuvor habe sich die Behandlung von Ungeborenen mit Sildenafil in Tierexperimenten als sicher und wirksam erwiesen. Ursprünglich waren noch weitere Studien dieser Art in Neuseeland, Australien, Kanada, Irland und Großbritannien geplant, die nach den Vorfällen ebenfalls gestoppt werden könnten.
Der Studienleiter äußerte im Interview mit der niederländischen Zeitung De Volkskrant: „Wir wollten zeigen, dass dies ein effektiver Weg ist, das Wachstum eines Babys zu fördern. Aber das Gegenteil ist passiert. Ich bin schockiert. Patienten zu schaden, ist das Letzte, was man will.“