Jeder Medizinstudent steht früher oder später vor der Frage, welchen Weg er (oder sie) nach dem Studium, respektive dem Praktischen Jahr, beschreiten soll - sprich: welche Fachrichtung eingeschlagen wird. Unsere Rubrik zum Thema "Facharzt" soll hier Hilfestellung, Information und Anregung bieten.
Beginnen möchten wir mit der "Inneren Medizin / dem Internisten" - hier wollen wir, in An-betracht des riesigen Fachgebietes, vor allem die Tätigkeit als niedergelassener Arzt (oftmals in der Verbindung mit dem Titel "Hausarzt") genauer beleuchten.
Die Innere Medizin (der Internist) befasst sich größtenteils mit der Diagnostik, Behandlung, sowie Vorbeugung, Rehabilitation und Nachsorge von Krankheiten und gesundheitlichen Stö-rungen des Herzens und des Kreislaufsystems, der Atmungswege und -organe, der Verdau-ungsorgane, der Nieren und der ableitenden Harnwege, des Stoffwechsels, sowie von Tumoren und anderen onkologischen Erkrankungen. Da es sich hierbei um ein sehr großes Fachgebiet handelt, erfolgt oftmals (und in den letzten Jahren immer verstärkter) eine Spezialisierung in einem bestimmten Fachbereich. Als Beispiele seien hier nur die Kardiologie, die Gastroenterologie, die Endokrinologie oder die Onkologie genannt. In vielen Fällen finden zudem Überlappungen mit anderen Facharzt-Bereichen statt (z.B. mit der Radiologie oder der Labormedizin). In Deutschland gibt es die Aufspaltung in einen fachärztlich tätigen Internisten (meist in Kli-niken oder fachspezifischen Praxen) und den sogenannten hausärztlichen Internisten. Seit einigen Jahren existiert die Zusammenlegung der fachärztlichen Ausbildungen der Inneren Medizin mit der Allgemeinmedizin, welche früher als eigenständige Facharzt-Bereiche galten.
Interview
Das Interview haben wir mit dem hausärztlich praktizierenden Facharzt für Innere Medizin, Herrn Dr. med. Andreas Wichmann, geführt. Herr Dr. Wichmann praktiziert seit einigen Jah-ren in einer eigenen Praxis in Bruchsal. (DAW = Dr. Andreas Wichmann / MS = medizinstudent.de)
MS: Herr Dr. Wichmann, können Sie uns bitte kurz beschreiben, warum Sie sich für den Fachbereich "Innere Medizin" entschieden haben?
DAW: Ursprünglich wollte ich Allgemeinmediziner-Hausarzt werden. Die erste Entscheidung kam dann im PJ: Chirurgie interessierte mich zwar auch sehr, und hätte mir aufgrund meines handwerklichen Geschicks auch sehr gelegen, allerdings gefiel mir weder die Arbeitszeit ab morgens um 6:30 Uhr, noch die autoritäre Hierarchie. Ich habe mich dann für die Strahlenthe-rapie entschieden, da mir die Förderung durch meinen Chef wissenschaftlichen Aufstieg ver-sprach. Nach zwei Jahren erkannte ich allerdings, dass mir der wissenschaftliche Klüngel we-nig lag, und dass der Beruf langfristig mehr den eines Physikers annahm. Ich habe mich daher auf meinen alten Weg begeben und mich in die Innere Medizin empfehlen lassen. Ohne die Empfehlung wäre ein Umstieg in Zeiten der geburtsstarken Jahrgänge kaum gelungen. So war es auch später nicht möglich, ergänzend in der Pädiatrie, Gynäkologie und Chirurgie zu ar-beiten, um mein Spektrum zu erweitern, da damals nur Assistenten eingestellt wurden, die sich "berufen" fühlten und daher eine komplette Ausbildung suchten. Hätte ich noch keine Familie gehabt, und wäre ich bereit gewesen, auch einmal ein halbes Jahr arbeitslos zu sein, so wäre es vielleicht gelungen. Schließlich blieb ich aber in der Inneren!
MS: Was ist denn das Besondere und/oder Interessante an Ihrem Fachgebiet?
DAW: Mittlerweile schätze ich die evidenzbasierte Medizin, die besonders in der Inneren Me-dizin etabliert ist, sehr. Es macht mir Freude, Patienten medikamentös so zu behandeln, dass Komplikationen - zumindest für eine gewisse Zeit - zu verhindern sind. Kein langjähriger Patient hatte während meiner Zeit als Niedergelassener einen Apoplex oder Infarkt. Diese werden zwar bestimmt auch noch kommen, aber zumindest habe ich immer das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun.
MS: Sieht Ihre tägliche Arbeit denn so aus, wie Sie sich das vorgestellt haben? DAW: Die Arbeit ist erheblich schwieriger, als im Krankenhaus. Wir Ärzte haben unsere Un-schuld und den Nimbus des "Halbgottes in Weiß" verloren. Tagtäglich muss man sich gegen Halbwissen aus den Medien erwehren, sowie gegen paramedizinische Vorstellungen, die werbewirksam an den Mann oder die Frau gebracht werden, kämpfen. Schulmedizin steht mit dem Rücken zur Wand. Homöopathie, Anthroposophie und ähnliches sind "modern", wäh-rend die Schulmedizin mit Ihren Möglichkeiten in den Medien nicht ausreichend präsent ist. Die Sparmaßnahmen zerstören ein weiteres Stück des Vertrauens und der Patient glaubt, wir wollten ihn mit teuren (was er nicht weiß) schulmedizinischen Präparaten vergiften und hochwirksame Mittel wie z.B. Weißdorn vorenthalten. Verschärft wird diese Situation durch Kollegen, die wider besseren Wissens zum eigenen finanziellen Vorteil Paramedizin gegen Bares anbieten, anstatt aufzuklären.
MS: Wie haben Sie Ihre Ausbildungszeit empfunden? DAW: Zu hierarchisch, ausbeuterisch, autoritär und zu wenig strukturiert. Zu oft wurde man "ins kalte Wasser geworfen". Wenn die Patienten wüssten, dass sie nachts und auf Intensiv-stationen oft genug von Anfängern behandelt werden, so würde es ihnen kalt den Rücken hi-nunterlaufen. Das amerikanische System, das ich im Rahmen eines Praktikums kennen lernte, gefiel mir da wesentlich besser.
MS: Worauf sollte man denn dann Ihrer Meinung nach während der Ausbildungszeit beson-ders achten? DAW: Auf klar strukturierte Lehrinhalte. Auf Anleitung durch ältere Kollegen - gemeinsam auf Station mit häufigen und konstruktiven Oberarztvisiten.
MS: Wie sind denn die Weiterbildungsmöglichkeiten in Ihrem Fachbereich? DAW: Das Antikorruptionsgesetz hat meines Erachtens nach die Situation eher verschlechtert, da große Veranstaltungen durch die Pharmaindustrie wegfielen und in der Regel nur noch strikt produktbezogene Kurzveranstaltungen angeboten werden, deren Inhalte verhältnismäßig weniger objektive Informationen enthalten. Dagegen sind teure Veranstalter aus dem Boden geschossen, die für viel Geld ebenso schwierig zu bewertende Seminare anbieten.
MS: Herr Dr. Wichmann, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!
Allgemeine Informationen
Ausrichtungen / Schwerpunkte der Ausbildung / fachinterne Bereiche Lehre der Erkrankungen der inneren Organe und der Infektionskrankheiten
Aufbau der Ausbildung Sechsjährige Facharztweiterbildung, davon:
Dauer der Ausbildung 6 Jahre Arbeitsplätze / Arbeitgeber
Weiterbildungsmöglichkeiten / Ausblicke Aufgrund der rapiden Wissensvermehrung innerhalb der oben aufgeführten fachinternen Teilgebiete der Inneren Medizin, gibt es zahllose Möglichkeiten der Fort- und Weiter-bildung . Der "klassische" Internist wird als Folge der sehr komplexen Fachgebiete innerhalb der Inneren Medizin zukünftig mehr und mehr von spezialisierten Vertretern dieser einzelnen Fachgebiete verdrängt werden.