Die erste europäische Internetapotheke hat ihre virtuellen Pforten geöffnet. Wir sagen Ihnen, wie "DocMorris" den deutschen Arzneimittelmarkt aufmischen möchte und befragen im DocCheck-Interview einen Rechtsexperten der deutschen Apothekerschaft zum Thema Versandhandel via Internet.
Mehr als nur ein Versandhandel
Für seine Kunden möchte "DocMorris" mehr sein als nur ein Medikamentenversandhandel. Geplant ist vielmehr eine Informations- und Kommunikationsplattform zum Thema Gesundheit. Darunter verstehen die Macher von "DocMorris" Diskussionsforen zum Informationsaustausch zwischen Patienten, eine ärztliche Gesundheitsberatung und eine Erinnerungsfunktion für fällige Rezepte oder Arzttermine. Der Schwerpunkt des Medikamentensortiments liegt zu Beginn auf Medikamenten für die Haus- und Reiseapotheke, auf Antibabypillen sowie auf Langzeitmedikamenten für chronisch Kranke. Rezeptpflichtige Medikamente werden erst nach Eingang eines gültigen Rezeptes ausgehändigt. Ein Beipackzettel in der jeweiligen Landessprache soll beiliegen. Während die ersten Kunden überwiegend begeistert von dem neuen Angebot waren, reagierte die Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände, ABDA, mit deutlicher Kritik. Vor allem die wohlwollenden Reaktionen einiger Betriebskrankenkassen wurden von den Apothekern scharf verurteilt. Was die Sorgen um die Arzneimittelsicherheit angeht, steht die ABDA allerdings nicht alleine auf weiter Flur. Auch die WHO, die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie stehen dem Internethandel mit Medikamenten skeptisch gegenüber. DocCheck sprach über dieses Thema mit dem ABDA-Rechtsexperten Lutz Tisch:
DocCheck: Wird die deutsche Apothekerschaft also rechtliche Schritte gegen "DocMorris" einleiten?
L. Tisch: Den einheitlichen europäischen Arzneimittelmarkt, auf den sich "DocMorris" beruft, gibt es einfach noch nicht. Die vielzitierte Europäische Richtlinie zum elektronischen Handel wurde zwar durch das Europäische Parlament verabschiedet, sie ist aber noch nicht verkündet. Und auch wenn sie einmal in deutsches Recht umgesetzt ist, heißt das noch lange nicht, dass die deutschen Versandhandelsbestimmungen für Arzneimittel dann nicht mehr beachtet werden müssen..
L. Tisch: Wir prüfen gegenwärtig die rechtlichen Möglichkeiten und werden daraus gegebenenfalls Konsequenzen ziehen.
DocCheck: Schneiden sich die deutschen Apotheker denn nicht ins eigene Fleisch, wenn sie sich dem Versand von Arzneimitteln, ob internetgestützt oder nicht, so rigoros widersetzen? Einige Krankenkassen verfolgen die neuen Entwicklungen mit kaum verhülltem Interesse, und die Kassen bezahlen schließlich einen Großteil der Arzneimittel.