Erstmals gelang amerikanischen Wissenschaftlern die deutliche Unterdrückung von kardiovaskulären Abstoßungsreaktionen bei transplantierten Organen. Die im Fachblatt Proceedengs of the National Academy of Sciences (PNAS, Ausgabe vom 2. Mai 2005) publizierten Ergebnisse gelten als Sensation - Mediziner hoffen nun, mit Hilfe einer speziellen Proteinspritze den Funktionsausfall transplantierter Organe auch beim Menschen um Jahre hinauszögern zu können.
Die deutliche Verlangsamung des natürlichen Abstoßungsmechanismus beobachteten die Forscher der Universität von Alabama in Birmingham (UAB) gemeinsam mit ihren Kollegen an der Universität von Florida. Auslöser des bislang unbekannten Mechanismus ist ein auch hierzulande bekanntes Protein: das Cytokin Interleukin 10 (IL-10). Dieses verhindert offensichtlich die kardiovaskuläre Abstoßung in den transplantierten Organen. Das Molekül verfügt nämlich über ausgesprochen ausgeprägte entzündungshemmende Eigenschaften und löst zudem über einen komplizierten biochemischen Kreislauf im Organismus immunsuppressive Effekte aus. Entscheidend aber sei die Tatsache, dass IL-10 über den sogenannten Hämoxygenase-1-abhängigen Stoffwechsel in die Zelle gelangt, berichten die Wissenschaftler. In der Tat: Wird der als HO-1 bezeichnete Transportweg blockiert, bleibt auch die schützende Wirkung des IL-10 Moleküls aus der Wirkstoff gelangt offensichtlich nicht mehr in den Blutkreislauf.
Neuer Weg?
Derzeit gelten Komplikationen bei der Blutversorgung transplantierter Organe als eine der Hauptursachen für das Absterben der Transplantate nach einiger Zeit, wie Mark A. Atkinson, einer der Studienautoren, erklärt. Besonders besorgniserregend sei die Tatsache, dass viele Patienten bislang nach einigen Jahren die Funktion ihres transplantierten Organs verlieren. Dadurch werde eine neue Transplantation etwa bei Nierenpatienten nötig. Mit ungefähr 60.000 Menschen auf der Warteliste für ein Transplantat allein in den USA erscheint der therapeutische Einsatz von IL-10 in der Humanmedizin für die US-Forscher daher als ein neuer Weg, um die Notwendigkeit einer zweiten oder dritten Niere zu verringern.".
Kürzere Wartezeiten?
Auch hierzulande stünden Patienten womöglich vor kürzeren Wartelisten. Noch betragen die Wartezeiten für ein Herz beispielsweise ein bis zwei Jahre. Zwischen drei und fünf Jahren müssen Patienten auf eine Niere, bis zu vier Jahren auf eine Lunge und drei bis vier Jahre auf eine Herz-Lunge warten. Für viele Menschen aber reicht eben diese lange Zeitspanne bis zum Auffinden des geeigneten Spenderorgans nicht mehr aus. Die jetzt in den USA durchgeführten Tierversuche indes lassen die Mediziner hoffen, dass solche Wartezeiten in Zukunft kürzer ausfallen werden. Denn die an Ratten durchgeführten Untersuchungen ergaben, dass bereits eine einzelne, in den Muskel verabreichte Spritze mit dem Wundermolekül IL-10 langfristige therapeutische Effekte zur Verfügung stellt. Die Wunderwaffe freilich funktioniert nur durch einen winzigen Trick: Als Transportvehikel benutzten die Forscher eigens dazu abgewandelte Adenoviren, molekulare Fähren also, die für die Versorgung des Blutes mit ausreichend IL-10 sorgten.