Nach einem Besuch in Disneyland behaupteten Studienteilnehmer, dass sie Bugs Bunny die Hand geschüttelt hätten. Dabei arbeitet der Cartoonhase beim Konkurrenten Warner Bros. Was war passiert? Eine getürkte Anzeige war der Auslöser für die "false memory". Wissenschaftler haben nun herausgefunden, wie das Gehirn falsche Erinnerungen produziert....
Widersprüchliche Zeugenaussagen
Hatte der Dieb eine gelbe Jacke an, oder vielleicht doch eine rote? War der Täter Links- oder Rechtshänder? Hat er sich hinter einer Tür oder hinter einem Baum versteckt? Wie soll bei der Vielfalt der widersprüchlichen Beobachtungen die Wahrheit gefunden werden? Die Aussagen von Augenzeugen sind für Richter und Staatsanwälte bei der Aufklärung von Straftaten unverzichtbar. Trotzdem gilt die Zeugenaussage als das unsicherste und schwächste Beweismittel. Besonders bei Erinnerungen an komplexe Ereignisse sind die Schilderungen von Zeugen widersprüchlich, ungenau oder unlogisch.
Misinformation paradigm
Psychologen ist die Vermischung von Realität und Fiktion seit langem bekannt. Was im Gehirn abläuft, wenn es zu Fehlerinnerungen kommt, haben Craig Stark und Yoko Okado, zwei Psychologen an der Johns Hopkins University, untersucht. Die Studie basierte auf dem häufig benutzten "Misinformation paradigm, das besagt, dass die Erinnerung von Zeugen durch Konfrontation mit Fehlinformationen verfälscht wird. Neu ist die Erkenntnis, dass Gehirnaktivitäten bei der Gedächtnisarbeit Hinweise auf "false memories" liefern können.
Kernspin-Aufnahmen führen zum Beweis
Stark und Okado beobachteten mit dem Kernspintomografen die Gehirne von Testpersonen beim Betrachten von Dias. Die abgebildete Szene: Ein Mann stiehlt einer Frau die Handtasche und flieht. Die Bildersequenz wurde zweimal kurz hintereinander gezeigt. Die Probanden gingen davon aus, dass es in beiden Fällen die gleichen Fotos waren. Tatsächlich unterschied sich das zweite Diaset in kleinen Details vom Original. Zwei Tage später wurden die am Test beteiligten Personen nach ihren Erinnerungen befragt. Das Ergebnis lieferte den beiden Wissenschaftlern den klaren Beweis, dass die Gehirnaktivität ein sicheres Indiz dafür ist, ob die Erinnerung an den Dieb richtig oder falsch sein würde.
Träge Gehirnaktivität verfälscht Erinnerung
Bereits in früheren Studien hatten die beiden Wissenschaftler nachgewiesen, dass bei der Gedächtnisanlage verschiedene Gehirnregionen, wie der Hippocampus, stark aktiv sind. Mit den Kernspin-Aufnahmen der jüngsten Studie konnte nun erstmalig dokumentiert werden, dass es bei der Abspeicherung von Fehlinformationen Gehirnbereiche gibt, die vergleichsweise sehr viel schwächer aktiv sind. Dazu zählt auch der präfrontale Kortex.
Erinnerungsvermögen verbessern
Craig und Okado hoffen nun, dass mit dem Wissen um das Entstehen falscher Informationen das Erinnerungsvermögen verbessert werden kann. Das könnte auch im Gerichtssaal genutzt werden, wenn nicht nur nach den Beobachtungen am Tatort gefragt wird sondern auch nach Situationen, die die Beurteilung verfälschen können, wie beispielsweise Presseinterviews oder Polizeiverhöre.
Macht der Anzeigen
Das Ergebnis der Studie mit Bugs Bunny wurde von Wissenschaftlern der University of Washington veröffentlicht. "Das Erschreckende an der Studie ist, dass sie offen legt, wie leicht eine falsche Erinnerung kreiert werden kann", so Jacquie Pickrell, Doktor der Psychologie. "Die Grunderkenntnis unserer Studie ist, dass es gefälschte Anzeigen sind, die den Unterschied machen. Wer gelegentlich Bugs Bunny Cartoons liest, glaubt nicht, dass er das Häschen auch in Realität getroffen hat. Aber die Anzeige schafft es."