Laut EU-Krebssterblichkeits-Prognose 2013 setzt sich der positive Trend fort. Allerdings wird Lungenkrebs bis 2015 Brustkrebs als häufigste Krebstodesursache bei Frauen überholen.
Laut der Studie European cancer mortality predictions for the year 2013, die kürzlich in der Onkologie-Fachzeitschrift "Annals of Oncology" veröffentlicht wurde, werden im gegenwärtigen Jahr insgesamt 88.886 Frauen (Mortalitätsrate: 14,6 pro 100.000) in den 27 Mitgliedsländer der Europäischen Union an Mammakarzinom sterben - das ist ein Rückgang von sieben Prozent gegenüber 2009. Die durch Bronchialkarzinome verursachen Todesfälle bei Frauen legen hingegen im Vergleichszeitraum um sieben Prozent auf 82.604 (13,9 pro 100.000) zu. Durch Verbesserungen in der Früherkennung und aufgrund von Therapiefortschritten ist die Anzahl der Brustkrebstodesfälle, die in den 1990er Jahren ihren Höhepunkt erreichte, stetig gesunken. Auch der Rückgang bei der Hormonersatztherapie (HRT), verbesserte Medikamente und schonende Operationsmethoden waren laut Studie für die positive Entwicklung verantwortlich. "Wenn sich dieser Trend fortsetzen, wird Lungenkrebs im Jahr 2015 auch bei Frauen die Krebstodesursache Nummer eins sein", prognostiziert Dr. Matteo Malvezzi vom Department of Epidemiology, Istituto die Ricerche Farmacologiche "Mario Negri" in Mailand. Die Prognose beruht auf Mortalitäts- und Bevölkerungsdaten der WHO aus den Jahren 1970 bis 2010 und wird alle drei Jahre veröffentlicht. Mortalitätsrate in Deutschland geringer Die Daten für die Entwicklung der Bevölkerungszahlen stammen von Eurostat. Demnach rechnen die Studienautoren im Jahr 2013 innerhalb der Europäischen Union mit insgesamt 1.314.296 Krebstoten, davon 737.747 Männer und 576.489 Frauen. Gegenüber 2009 entspricht dies einem Rückgang der altersstandardisierten Mortalitätsrate (age-standardized rate: ASR) von sechs Prozent bei Männern (140,1 Krebstote/100.000) und vier Prozent bei Frauen (85,3 Krebstote/100.000). Für Deutschland gehen die Epidemiologen von einer geringeren Mortalitätsrate von 128,5 bzw 83,4/100.000 Männern und Frauen aus. Den leichte Anstieg der Gesamtzahl der Krebstoten gegenüber 2009 führen die Forscher auf die steigende Lebenserwartung der Bevölkerung in der EU zurück. Geschlechts- und Länderspezifische Unterschiede In den sechs bevölkerungsreichsten EU-Ländern (Frankreich, Deutschland, Italien, Polen, UK ) ist die Krebsmortalitätsrate bei Männern in UK und bei Frauen in Spanien am niedrigsten. In Polen liegt die Sterblichkeitsrate um 25% (Männer) bzw. 13% (Frauen) über dem gewichteten EU-Wert. Insgesamt sterben Männer um 65 Prozent häufiger an Krebs als Frauen, wodurch sich der große Abstand trotz des Rückgangs der männlichen ASR in den letzten vier Jahren kaum verringert hat. Die größten Änderungen ergaben sich beim Lungenkrebs, wo die Sterblichkeit bei Männern ab- und bei Frauen zunimmt. Dies ist laut Studienautoren darauf zurückzuführen, dass seit den 1970er Jahren immer mehr Frauen rauchen. Besonders stark ist dieser Trend in England und Polen zu beobachten, wo das Bronchialkarzinom bereits jetzt die häufigste Todesursache bei Frauen ist. Allerdings besteht laut den Studienautoren die Hoffnung, dass der Höhepunkt bei einer Mortalitätsrate von 15/100.000 erreicht sein könnte und ab 2020 die Lungenkrebssterblichkeit wieder abnimmt, weil auf europäischer Ebene bereits eine sinkende Raucherinnenquote zu verzeichnen sei. Bei den Männern ist Lungenkrebs 2013 europaweit unverändert mit 186.970 prognostizierten Fällen (37,2/100.000) die häufigste Krebstodesursache mit einem Gesamtanteil von 25 Prozent, wenn auch mit sinkender Tendenz seit den 1980er Jahren. Pankreaskarzinomanstieg beunruhigt Forscher Neben den steigenden Lungenkrebstodesfällen bei Frauen, bereitet den Forschern das Pankreaskarzinom bei beiden Geschlechtern die größten Sorgen. Hier wird im Gegensatz zu den übrigen Karzinomen sogar mit einem weiteren, wenn auch nur leichten Anstieg gerechnet. "Trotz diagnostischer Verbesserungen, die teilweise zu einer Zunahme führen, ist es schwer jüngste Trends abzuleiten", berichtet Malvezzi. So könne Zigarettenkonsum, als der am häufigsten genannte Risikofaktor, bei Männern nicht als Ursache herangezogen werden, weil es gleichzeitig weniger Lungenkrebstote gab. Die zunehmende Verbreitung der Fettleibigkeit könnte daher eine Rolle spielen, vermutet Malvezzi. Die Sterblichkeitsprognosen für Darmkrebs (überwiegend Dickdarmkrebs) sind bei beiden Geschlechtern (Männer: -3,4%, Frauen -5,6%) rückläufig. Während die Rückgänge bei Frauen zwischen minus vier Prozent (UK) und minus 8,7 Prozent (Deutschland) signifikant hoch sind, sind die Daten für Männer wesentlich heterogener. Rückgänge von acht Prozent (Frankreich, Deutschland) und nur einem Prozent (Spanien, UK) stehen einem prognostizierter Anstieg von 1,4 Prozent in Polen gegenüber. Allgemein haben sich aber die (Dick)-Darmsterblichkeitsraten gegenüber den 1970er Jahren in Europa angeglichen. Therapieverbesserungen, Screeningmaßnahmen und die verbesserte Früherkennung haben die Sterblichkeitsraten reduziert. Auch die verbesserten Ernährungs- und Lifestylegewohnheiten bei Frauen haben zu einer gesunkenen Sterblichkeit beigetragen. Andererseits wurde das systematische Darmscreening erst kürzlich in vielen europäischen Ländern eingeführt und wird standardmäßig relativ selten bei jüngeren Bevölkerungsschichten angewendet. Daher erwarten die Forscher vorerst nur bei älteren Bevökerungsgruppen einen positiven Effekt auf die Sterblichkeitsraten. Die tödlichsten EU-Krebsarten 15 Prozent der Todesfälle bei Frauen sind 2013 auf Brustkrebs zurückzuführen. Mit 13,9 Prozent (82.640 Tote) folgt Lungenkrebs bereits an zweiter Stelle. An dritter Stelle liegt Darmkrebs mit 75.360 prognostiziertenTodesfällen (9,5/100.000), gefolgt vom Pankreaskarzinom mit 40.197 (5,5/100.000) Fällen. Bei den Männern folgt hinter dem Bronchialkarzinom mit 186.970 Todesfällen (37,2/100.000), Darmkrebs mit 91.751 (16,7/100.000) Toten vor dem Prostatakarzinom mit prognostizierten 70.347 Todesfällen (10,5/100.000) und Pankreaskarzinom mit 40.069 Todesfällen (8,0/100.000). Die Prognosen beruhen auf einem Konfidenzintervall von 95 Prozent. Krebsmortalität- und Prävalenz in Deutschland Laut der 2012 vom Robert Koch Institut und dem Zentrum für Krebsregisterdaten zum achten Mal veröffentlichten Broschüre "Krebs in Deutschland 2007/2008" wurde 2008 jeder vierte Todesfall durch Krebs verursacht, insgesamt erlagen 215.442 Deutsche einer Krebserkrankung, davon 115.870 Männer und 99.572 Frauen. Bei den Frauen war das Mammakarzinom mit einem Anteil von 17,3% (17.209 Todesfälle) Krebssterblichkeitsursache Nr. 1, gefolgt von Darm (12.936 Todesfälle) - und Lungenkarzinom (12.841 Todesfälle). Bei den Männern lagen Lungenkrebs mit einem Anteil von 25,5 Prozent (29.505 Sterbefälle) vor Darm (13.726 Sterbefälle)- und Prostatakarzinom (12.134 Sterbefälle) an der Spitze der Todesfälle. Auf Grundlage der epidemiologischen Krebsregisterdaten in Deutschland schätzt das Zentrum für Krebsregisterdaten jährlich die Zahl aller pro Jahr in Deutschland neu aufgetretenen Krebserkrankungen. Demnach lebten 2012 knapp 1,4 Mio. Deutsche mit der Diganose Krebs, davon 697.900 Männer und 698.000 Frauen, 2008 lag die Prävalenz bei 1,33 Millionen. Insgesamt gab es 2008 in Deutschland 251.700 Männer, bei denen innerhalb von fünf Jahren Prostatakarzinom diagnostiziert wurde und 273.000 Frauen mit Diagnose Mammakarzinom. Dahinter rangierten bei beiden Geschlechtern Darmkrebs (103.100 Männer, 87.800 Frauen) und Lungenkrebs (Männer: 39.500, Frauen: 20.000). Nach Altersstandardisierung sind die Sterberaten bei Frauen und Männer seit 1999 rückläufig, während die Erkrankungsraten bei den Männern nahezu gleichbleibend sind. "Nur für Frauen zeigt sich nach 2005 ein Anstieg der alterskorrigierten Erkrankungshäufigkeit, was am ehesten auf das einsetzende Mammographie-Screeningprogramm zur Brustkrebs- Früherkennung zurückzuführen ist", so die Studienautoren. COGS-Studie zeigt individuelles Krebsrisiko In der weltweit größten Krebs-Erbgut Studie COGS (Collaborative Oncological Gene-environment-Study), die im Wissenschaftsmagazin "Nature Genetics" kürzlich veröffentlicht wurde, entdeckten 160 Forschergruppen mehr als 80 neue DNA-Veränderungen, welche das Risiko erhöhen an Brust-, Eierstock- bzw. Prostatakarzinom zu erkranken. Mehr als 2,5 Mio. Menschen erkranken jährlich an diesen drei Krebsarten, die Krebssterblichkeitsrate liegt bei einem Drittel. Bei der Erbgut-Analyse von 100.000 Krebspatienten und 100.000 gesunden Menschen suchten die Forscher nach SNPs (Single Nucleotide Polymorphisms). Ist ein SNP bei einem Krebspatienten häufiger vorhanden, ist dies ein Hinweis auf ein erhöhtes Tumor-Risiko. Dabei identifizierten die Wissenschaftler 49 SNPs, welche das Brustkrebsrisiko steigern, 26 SNPs, die mit einem erhöhten Prostatakrebsrisiko in Verbindung gebracht werden können und acht SNPs, die das Eierstockkarzinom-Risiko erhöhen. Durch diese neu entdeckten Erbgutveränderungen hoffen die Forscher künftig das individuelle Krebsrisiko vor dem Auftreten erster Symptome abschätzen zu können und dadurch die Screening- und Therapiemaßnahmen effizienter an die einzelnen Patienten anpassen zu können.