Tuberkulose-Bakterien können viele Jahre im Körper überleben. Wissenschaftler haben jetzt die Struktur des Proteins aufgeklärt und herausgefunden, warum es nicht durch spezifische Wirkstoffe ausgeschaltet werden konnte.
Ein mit Tuberkulose infizierter Mensch wird in der Regel erst krank, wenn sein Immunsystem geschwächt ist, etwa durch Alkoholismus, AIDS oder das Immunsystem unterdrückende Medikamente. Bis zu diesem Zeitpunkt kapseln die Fresszellen (Makrophagen) die Eindringlinge ein. Könnte man ein spezifisches Protein ausschalten, mit dem die Bakterien sich ihrer Vernichtung durch Makrophagen widersetzen, hätte man das Problem bei der Wurzel gepackt und könnte Antibiotika-Therapien deutlich sparsamer einsetzen. In der aktuellen Ausgabe des Journal of Biological Chemistry geben Chemiker nun detaillierte Hinweise für das Wirkstoffdesign.
Untersuchung von MptpA
Bei dem untersuchten Protein handelt es sich um die Protein Tyrosin Phosphatase A, kurz MptpA, mit einer Bindungstasche für Reaktionspartner. In MptpA gibt es drei flexible Molekülregionen, die zusammen eine Art Tasche bilden. Sobald ein Bindungspartner an diese Regionen andockt, ändern sie ihre Orientierung und gehen von einer offenen in eine geschlossene Konformation über, ähnlich wie bei einem Rucksack, den man zuschnürt und schließt. Um das Protein durch einen Wirkstoff gezielt ausschalten zu können, müsste man diesen so entwerfen, dass er optimal in die Bindungstasche passt und mit ihr eine starke Bindung eingeht. Damit wäre eine Manipulation der Makrophagen durch MptpA nicht mehr möglich und das Tuberkulosebakterium würde verdaut werden, wie die meisten anderen Bakterien auch.
Struktur und Dynamik
„Das Problem ist, dass man bisher nur Strukturdaten von MptpA im gebundenen Zustand kannte. Das war für ein computergestütztes Wirkstoffdesign irreführend, denn die Bindungstasche erscheint dann viel enger“, erklärt die Chemikerin Tanja Stehle, die das Protein im Rahmen ihrer Doktorarbeit am Institut für Organische Chemie und Chemische Biologie von Prof. Harald Schwalbe untersuchte. „Die Lösung bestand darin, das ungebundene Protein mittels NMR-Spektroskopie in wässriger Lösung zu untersuchen“, berichtet Dr. Henry Jonker, Postdoktorand im Arbeitskreis von Prof. Schwalbe. Dazu haben die Chemiker das MptpA zusätzlich mit nicht-radioaktiven Isotopen markiert. Aus den Experimenten konnte durch aufwändige Rechnungen nicht nur die Struktur des ungebundenen Proteins, sondern auch seine Dynamik aufgeklärt werden.
„Tatsächlich hat der Rucksack eine größere Öffnung, als bisher angenommen, wir haben also mehr Platz fürs Wirkstoffdesign“, fasst Stehle die wichtigste Erkenntnis zusammen. Die neuen Strukturdaten sollten es nun Wirkstoff-Designern ermöglichen, Moleküle zu entwerfen, die das MptpA gezielt blockieren können.
Originalpublikation: The Apo-structure of the Low Molecular Weight Protein-tyrosine Phosphatase A (MptpA) from Mycobacterium tuberculosis Allows for Better Target-specific Drug Development. T. Stehle et al.; Journal of Chemical Biology; DOI: 10.1074/jbc.M112.399261.; 2012