Die roboterunterstützte laparoskopische radikale Prostatektomie mit dem Da-Vinci-System ist en vogue. Unter dem Oberbegriff minimal-invasive Chirurgie und Modernität wird hier geworben und geschwärmt, dass man meinen könnte, diese Methode sei das Non-plus-ultra der Urologie. Jede Abteilung, die etwas auf sich hält, hat einen Roboter oder will einen anschaffen.
Doch wie sehen die Fakten aus?
Ein Da Vinci kosten in der Anschaffung etwa €1,5 Mio. Euro, hinzu kommen – je nach Gebrauch – zwischen €150.000 und €250.000 jährliche Wartungskosten sowie Zusatzkosten für die Spezialinstrumente, welche einen eingebauten Chip haben, welcher die Instrumente nach zehnmaligem Einsatz aus "Sicherheitsgründen" deaktiviert. Dafür bietet die Herstellerfirma Intuitive Surgical einen technischen Rund-um-die-Uhr Support an 365 Tagen im Jahr, der garantiert, dass das Gerät im Falle eines Defektes schnellst möglich wieder einsatzfähig ist. Zusammen entstehen für die Klinik pro Eingriff mindestens €1.000 Mehrkosten, welche häufig an den Patienten weitergereicht werden, d.h. wer mit dem Roboter operiert werden möchte, muss zuzahlen.
Der Roboter führt während dem Eingriff die Instrumente und wird über eine Konsole fernbedient, an der der Operateur ein 3D-Bild auf dem Monitor sieht. Die Instrumente haben ähnlich viele Freiheitsgrade wie die menschliche Hand, so dass z.B. die laparoskopische Naht einfacher ist als beim konventionellen endoskopischen Operieren.
Das ist die wirtschaftliche und technische Seite. Medizinisch-wissenschaftlich sieht die Datenlage so aus: Es gibt eine Lernkurve, während der die Operationszeiten (teils deutlich) länger sind als beim offen-chirurgischen Operieren. Wer als Operateur die Methode beherrscht, kann damit in Bezug auf das onkologische Outcome, die Kontinenzrate und den Potenzerhalt wahrscheinlich Ergebnisse erzielen, die gerade mal so gut sind wie bei der retropubischen radikalen Prostatektomie. Der durchschnittliche intraoperative Blutverlust ist geringer. Die extreme Kopftieflage kann – insbesondere bei stark adipösen Patienten – zu Problemen bei der Narkose führen. Die Patienten haben postoperativ etwas weniger Wundschmerzen. Der postoperative stationäre Aufenthalt kann verkürzt werden (sofern dies bei drohender Kürzung der DRG wegen Unterschreitung der Mindestverweildauer erwünscht ist).
Interessanter Weise hat eine interne Untersuchung der Martini-Klinik, Hamburg, welche in Deutschland führend bei der roboterunterstützten laparoskopischen radikalen Prostatektomie sein dürfte, gezeigt, dass postoperativ gerade bei diesen Patienten die höchste Unzufriedenheit herrscht, was wahrscheinlich auf völlig überzogene und unrealistische präoperative Erwartungen zurückzuführen ist. Denn viele Patienten wollen unbedingt genauso operiert werden.
Der Roboter ist nicht besser als die offene Operation, auch wenn dies oft behauptet wird.
Genau genommen, gibt es daher nur einen Grund auf den Da-Vinci-Zug aufzuspringen: Und das ist Marketing! Doch dieser positive Effekt dürfte nur von vorübergehender Dauer sein, da die Zahl der Roboter stetig steigt, weil keiner den Anschluss verpassen möchte. Wenn aber jeder einen hat, ist es nichts Besonderes mehr.
Abschließend sei noch gesagt, dass unser Prostatakarzinomzentrum natürlich auch die Anschaffung eines Roboters wünscht/plant... ;-)
Titelbild: © Oliver Weber / PIXELIO