Basispflegeprodukte sind ein essenzieller Bestandteil der Therapie bei Neurodermitis. Finanziell werden die Betroffenen jedoch nicht unterstützt – sie müssen dafür tief in ihre Tasche greifen. Mit einer Petition weist der Deutsche Neurodermitis Bund auf diese Missstände hin.
Neurodermitis gilt als eine der häufigsten Hautkrankheiten in Europa und Nordamerika. Mittlerweile sind 5 bis 20 Prozent aller Kinder und 1 bis 3 Prozent aller Erwachsenen betroffen. Mutationen im Filaggrin-Gen stehen mit Barrieredefekten der Haut in einem kausalen Zusammenhang. Entzündungen schwächen die biologische Schutzbarriere weiter. Laut S2k-Leitlinie spielen bei der Stufentherapie Basistherapeutika unabhängig vom Schweregrad deshalb eine zentrale Rolle.
Autoren der Leitlinie berufen sich auf umfangreiche Studien zur Primär- bzw. Sekundärprävention. Zwei Beispiele: In einer randomisierten, kontrollierten Studie untersuchten US-Dermatologen, ob sich mit einer konsequenten Anwendung einer Basistherapie die Entwicklung der Neurodermitis bei 124 Neugeborenen mit familiärem Hintergrund für atopische Erkrankungen vermindern lässt. Die Inzidenz bis zum sechsten Lebensmonat konnte dadurch halbiert werden. Schwedische Forscher gaben 22 Neurodermitis-Patienten Harnstoff-Basispflegeprodukte. Weitere 22 Patienten ohne Anwendung dienten als Vergleichsgruppe. Alle Studienteilnehmer hatten zuvor drei Wochen lang Betamethasonvalerat erhalten. In der Basispflegegruppe betrug der mediane Zeitraum bis zum Auftreten eines Rezidivs 180 Tage, in der Vergleichsgruppe 30 Tage. Und 68 Prozent entwickelten bis zum Studienende überhaupt keinen Schub. Fazit der Leitlinien-Autoren: „Der Einsatz von Basistherapeutika zur Behandlung der Neurodermitis wird empfohlen.“
Nun sind OTCs seit Januar 2004 von der Versorgung nach § 31 SGB V ausgeschlossen, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) legt in seiner Arzneimittel-Richtlinie abschließend fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei schwerwiegender Erkrankung als Therapiestandard gelten, ausnahmsweise verordnet werden können. „Der G-BA hat sich in diesem Kontext mit der Produktgruppe der Basistherapeutika zur Behandlung der Neurodermitis auseinandergesetzt“, so eine Sprecherin. „Es wurde jedoch keine Regelung aufgenommen, da Basistherapeutika nicht den Therapiestandard zur Behandlung einer Neurodermitis im Sinne einer schwerwiegenden Erkrankung darstellen.“ Dass für Versicherte kein Anspruch auf „Basispflege“ – weder als Kosmetika noch als nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel – besteht, wurde durch ein Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2012 (Az.: B 1 KR 24/10 R) bestätigt. Dagegen machen Patientenvertreter jetzt mobil.
Thomas Schwennesen, erster Vorsitzender des Deutscher Neurodermitis Bundes, hat eine Petition bei change.org gestartet. „Millionen chronisch hautkranker Neurodermitiker über 12 Jahre müssen Ihre Hautpflegeprodukte für die enorm wichtige und medizinisch geforderte therapeutische Hautpflege aus eigener Tasche bezahlen“, so Schwennesen. „Das ist für viele Betroffene eine enorme wirtschaftliche Benachteiligung – durchschnittlich 1.500 Euro pro Jahr.“ Ziel ist, 100 Unterschriften zu sammeln, um Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) von der Notwenigkeit zu überzeugen. Mittlerweile haben 684 Betroffene ihre Zustimmung signalisiert.