Crowdfunding für medizinische Behandlungskosten findet in den USA immer mehr Anhänger. Hier werden Krankheitsgeschichten lebendig. Die klassische Krankenversicherung wirkt dagegen wie ein Modell von gestern.
O.K., Krankenversicherungen sind Scheiße. Bei der GKV erhält man reduzierte Leistungen und wartet ewig auf den Facharzt. Ist man bei den Privaten, bekommt man zwar den Termin sofort - dafür wird alle 12 Monate kräftig an der Beitragsschraube gedreht. Noch schlechter ist es aber, gar nicht versichert zu sein. Dann muss man im Krisenfall alles selbst zahlen - oder... ja, oder man geht ins Internet.
Auf Crowdfunding-Plattformen wie Kickstarter , Indiegogo oder GiveForward versuchen immer mehr Patienten - vor allem aus den USA - finanzielle Unterstützung für ihre Behandlungskosten zu erhalten. Egal, ob Krebserkrankung, IVF oder Zahnreparaturen: Das Angebot an Krankheiten zur Mitmach-Finanzierung umfasst zwar nicht den gesamten ICD10, ist aber bereits sehr umfangreich. Der auf medizinisches Fundraising spezialisierte Service GiveForward hat nach eigenen Angaben bereits über 87 Mio US$ für Behandlungen eingesammelt und verteilt - sicher nicht der Jahresetat einer Krankenkasse, aber auch kein Spielgeld.
"Finanziere, was Dir wichtig ist", "You can change someone's world" - unter diesen Claims appellieren die Fundraiser dabei an Mitgefühl und Solidarität. Das erfordert von den Betroffenen verdammt viel Mut, schließlich wird die eigene Krankheit durch so eine Kampagne öffentlich gemacht. Dieser Mut zahlt sich aber in doppelter Hinsicht aus - in konkretem finanziellen Support und in moralischer Unterstützung, die die Teilnehmer über das Web erhalten. Meist sind es übrigens nicht die Kranken selbst, die hier Kampagnen einstellen, sondern ihre Freunde oder ihre Familie.
Quelle: Screenshot GiveForward
Auf Crowdfunding-Plattformen bekommen Krankheiten plötzlich ein Gesicht. Und das macht einen deutlich betroffener als epidemiologische Statistiken. Der kleine Junge mit therapierefraktärer Epilepsie, der Bandgitarrist mit Hodgkin-Lymphom - die Bilder machen einem schnell klar, dass die eigene Gesundheit keine Selbstverständlichkeit ist.
Deutsche Krankenversicherer täten gut daran, sich von den Crowdfunding-Seiten etwas abzuschauen. Denn hier ist das Solidarprinzip noch lebendig - und nicht leblos zwischen Aktendeckeln eingeklemmt.