Eine aktuelle Metaanalyse zeigt, dass der Konsum von vor allem in tierischen Produkten vorkommender gesättigter Fettsäuren wahrscheinlich nicht so schädlich ist, wie bisher angenommen. Ein Freifahrschein für zügelloses Schlemmen ist dies dennoch nicht.
Der weitgehende Verzicht auf tierische Fette in der Nahrung ist ein Mantra, das seit vielen Jahren von Ernährungsexperten verbreitet wird, da gesättigte Fettsäuren das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen erhöhen sollen, wohingegen ungesättigte pflanzliche Fettsäuren als gesund gelten. Eine aktuelle Metaanalyse der Universität Cambridge, welche die Ergebnisse von insgesamt 80 Studien mit zusammen über 600.000 Probanden aus 18 Ländern umfasst, stellt diese Empfehlung jetzt in Frage. Es handelt sich dabei um 32 Beobachtungsstudien, in denen der Gesundheitszustand der Teilnehmer sowie deren Ernährung überwacht wurde, 17 weitere Beobachtungsstudien, in denen zusätzlich bestimmte Laborparameter bestimmt wurden, und 27 kontrollierte, randomisierte Interventionsstudien, in denen ungesättigte Fettsäuren (vor allem Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren) in Form von Nahrungsergänzungspräparaten supplementert wurden.
Das Ergebnis dieser Übersichtsarbeit überrascht: Zwar gibt es Hinweise, dass einer hoher Plasmaspiegel zweier bestimmter Omega-3-Fettsäuren, nämlich Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure, mit einem geringeren Myokardinfarktrisiko korreliert sind. Es gibt aber keine Belege dafür, der Verzehr von gesättigten Fettsäuren an sich erhöhe das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Und eine exogene Zufuhr dieser ungesättigten Fettsäuren in Form von Kapseln kann das Risiko nicht nennenswert senken. Es scheint sogar so zu sein, dass die gesättigte Fettsäure Margarinsäure, welche in Milchprodukten vorkommt, eine gewisse protektive Wirkung hat. Lediglich die schädigende Wirkung von Transfettsäuren, wie sie beim Frittieren und der industriellen Härtung pflanzlicher Fette entstehen, konnte bestätigt werden.
Somit ist dieser Artikel kein Freifahrschein für Völlerei und den Genuss von Fast oder Junk Food. Auf eine ausgewogene Ernähung kommt es wohl an.
Ob aber Butter, Sahne, Käse und Fleisch tatsächlich so ungesund sind, wie angenommen, ist unter Experten umstritten. Die Autoren stellen daher die Ernährungsempfehlungen vieler Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Frage. Diese sieht jedoch trotz dieser (nicht völlig neuen) Erkenntnisse keinen Anlass, ihre zuletzt im November 2013 aktualisierten Empfehlung zur fettarmen Ernährung zu überarbeiten, in der es weiter heiß: "Zu viele gesättigte Fettsäuren erhöhen das Risiko für Fettstoffwechselstörungen, mit der möglichen Folge von Herz-Kreislauf-Krankheiten. Bevorzugen Sie pflanzliche Öle und Fette [...] und daraus hergestellte Streichfette."
Food for thought...
Quelle:
Chowdhury R, Wamakula S, Kunutsor S et al. Association of Dietary, Circulating, and Supplement Fatty Acids With Coronary Risk: A Systematic Review. Ann Intern Med 2014; 160: 398-406
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