Ärztliche Diagnosen und Informationen darüber können Betroffene und ihre Angehörigen bzw. Kinder und ihre Eltern seelisch schwer belasten und in psychische Konflikte stürzen. Eine daraus angeblich entstandene Depression einer Mutter muss der Arzt aber nicht verantworten.
In einem konkret verhandelten Fall vor dem Bundesgerichtshof (BGH) war Anfang 2011 bei einem Vater die erblich belastende Erkrankung Chorea Huntington festgestellt worden.
Die gewünschte ärztliche Beratung über Folgen, Risiken und diagnostisch-therapeutische Optionen führten zu einer psychischen Dekompensation bei der genetisch unbelasteten Mutter der beiden Kinder, die dieses familiäre Risiko in sich tragen. Die Mutter lastete dies wiederum dem Arzt an und forderte 15.000 Euro Schmerzensgeld bzw. die Bezahlung aller möglichen Krankheitsfolgen.
Der BGH in Karlsruhe entschied in einem kürzlich veröffentlichten Urteil
Az.: VI ZR 381/13
dass der informierende und aufklärende Arzt für die seelische Erkrankung bzw. Reaktionsbildung n i c h t haften kann, weil dies zu den allgemein zu tragenden Lebens- und Krankheitsrisiken zählt, die jeder eigenverantwortlich bewältigen muss.
"Das war die doofe Tischkante, die mir die Beule gemacht hat!" Haben mir meine Kinder und die kleinen Patienten in der Praxis immer erzählt, wenn sich ihnen ein Hindernis "aggressiv" und „aktiv“ in den Weg gestellt hatte. Die Klage und eine Schadenersatz-Forderung der nach eigenen Angaben informationsgeschädigten Mutter für eine medizinisch vollkommen korrekte Risikoaufklärung sind absolut unsinnig. Dann könnten sich Kaffeekränzchen-Teilnehmerinnen und Teilnehmer untereinander verklagen, weil sie sich gegenseitig von zu schlimmen Krankheiten erzählt hätten.
Diese Zivilklage verletzt auch wesentliche Kausalitätsprinzipien über eine eher infantil gekränkte Schuldzuweisung. Denn jeder Unfallchirurg müsste demnach befürchten, juristisch belangt zu werden, nur weil er beim schweren Polytrauma auf die unvermeidliche Lebensgefahr bei seinem an sich lebensrettenden Eingriff hinweisen würde.
Bildquelle (Außenseite): MIKI Yoshihito, flickr / CC-by