Auf dem Markt der unzähligen Publikationen, die jeden Tag veröffentlicht werden, sinkt der Wert der einzelnen Studie. Dabei war der Doktortitel früher mit umfangreicher wissenschaftlicher Arbeit verbunden, die nicht anschließend in Schubladen verstaubte.Und doch scheint sich ein Trend abzuzeichnen, der eine Renaissance des Doktortitels nach sich führt.
Fast möchte man meinen, die Debatten über den Wert des Doktortitels und der sich dahinter verbergenden Promotion seien so alt wie die Medizin selbst.
Dabei war der Doktortitel früher mit umfangreicher wissenschaftlicher Arbeit verbunden, die nicht anschließend in Schubladen verstaubte.
Auf dem Markt der unzähligen Publikationen, die jeden Tag veröffentlicht werden, sinkt der Wert der einzelnen Studie. Es sei den, es handelt sich um große Multizenterstudien namhafter Professoren und Institute oder um Studien, die von sich Reden machten. Erstaunlicherweise ist die Lobby hinter den Studien heute längst nicht mehr nur der jeweilige Fachkreis, sondern auch das Laienpublikum.
Parallel dazu verschwimmen die Bezeichnungen der Mediziner mit und ohne Doktortitel. Und doch scheint sich ein Trend abzuzeichnen, der eine Renaissance des Doktortitels nach sich führt. Ähnlich der allgemeinen Verschiebung der Werte in der Gesellschaft, rücken Werte wie Titel und Ansehen wieder in den Vordergrund. Wenn man nicht mit Studien glänzen kann und sich dennoch auf dem Wissenschaftssektor behaupten will, kommt man um den Doktortitel nicht herum. Ganz zu schweigen um die sich anschließende Dissertation. Immerhin muss man sich auch gegen all jene Bachelor- und Masterabschlüsse behaupten, die allein durch ihre Bezeichnung in der Gesellschaft das Titeldenken wieder in den Fokus schieben. Wo bleibt da der doktorlose Mediziner?! Es bleibt ihm folglich nichts anderes übrig als sich der Dissertation zu widmen. Gleich ob er in der Endphase des Studiums steckt oder die Studienzeit schon weit hinter sich gelassen hat. Ist es im Studium schon schwierig parallel zum Studienablauf zu promovieren so wird es im Arztalltag fast unmöglich. Und dennoch widmen sich junge wie alte Ärzte der Promotion. Da sie anders als die klassischen an der Promotion arbeitenden Studenten nicht mehr zwangsläufig an der Universität angestellt sind, ist ihr Doktorvater eher ein pro forma, was notwendig ist, um rechtlich gesehen promovieren zu können. Die Betreuung der Promovenden ist damit aber nicht gegeben und sie werden allein gelassen mit all den Tücken des medizinischen Schreibens, die von der Konzeption und Themenfindungen über die Statistik zur Texterstellung reichen. Wer bis dahin keine grauen Haare hatte, hat sie spätestens jetzt. Umso wichtiger ist es, alle zur Verfügung stehenden Ressourcen zu nutzen. Hier bieten zahlreiche Ghostwriting-Agenturen ihre Dienste an. Anders als deren Name es vermuten lässt, nehmen die dem Promovenden nicht die Arbeit ab. Vielmehr nehmen sie die Stellung des klassischen Doktorvaters ein, indem sie den Promovenden begleiten und beratend zur Seite stehen, um das Projekt Dissertation in kurzmöglichster Zeit effizient und exzellent umsetzen zu können. Der Promovend kann dabei auf einen Pool an fachkompetenten Beratern zugreifen, die auch mit dem entsprechenden Fachbereich der Dissertation vertraut sind. In diesem Sinn lässt sich der Medizin-Ghostwriter vergleichen mit dem Lektor eines Verlages, der seine Schützlinge betreut und antreibt, damit das geplante Werk auch fertiggestellt wird. In der Gesellschaft sind Ghostwriting-Agenturen assoziiert mit Plagiaten und gefälschten Arbeiten, was nicht der Realität und vor allem auch nicht dem rechtlichen Rahmen einer Ghostwriting-Agentur entspricht. Zumal man hier einwerfen sollte, dass man für ein Plagiat keine Agentur benötigt. Wer plagieren will, tut es mit und ohne Betreuung und sollte dafür zur Rechenschaft gezogen werden, da es all die korrekt arbeitenden Wissenschaftler in den Schatten stellt. Welche Arbeit heutzutage ob der Fülle der Informationen ein Plagiat ist oder nicht ist dem nicht im Thema stehenden Leser nicht ersichtlich. Und selbst unter Wissenschaftlern ist man davor nicht gefeit.
Rechnet man das alles zusammen und wägt es gegeneinander ab so muss man sich fragen, warum der Hype des Doktortitels aufflammt. Denn letztlich sagt er heutzutage nichts mehr aus über Qualifikationen und Befähigungen. Mitunter steckt nicht einmal ein hoher wissenschaftlicher Anspruch dahinter. Die Arbeit und Mühe, die der Promovend in seine Arbeit steckt, korreliert nicht unbedingt mit dem Ansehen, was er durch den Titel erlangen wird. Wen wundert es da, dass es vor allem als Welle aus dem Ausland immer populärer wird, Arbeiten fremdschreiben zu lassen. In einigen Ländern gehören Ghostwriter bereits zum Alltag der Schüler wie Nachhilfelehrer und Babysitter. Hier ist der Schlupfwinkel unseriöser Ghostwriter, die im wahrsten Sinn des Wortes ghostwriten und dem Promovenden die fertige Arbeit in den Briefkasten legen. Doch wie sollen diese Promovenden ihre Arbeiten verteidigen? Sie schmücken sich mit fremden Federn, ernten Titel, die ihnen Ansehen versprechen und haben praktisch nichts dazu getan. All das kann ernüchtern wenn man die eigene Dissertation betrachtet und die schlaflosen Nächte, die einem Statistiken und Literatursuchen gekostet haben. Wert und Arbeit haben sich voneinander getrennt, wenn Dissertationen und Co fremdverfasst werden können. Bei diesem Trend wäre es eher ratsam, dem Mediziner mit Erhalt der Approbation den Doktortitel zuzusprechen.
Doch so lang dies nicht der Fall ist, sollte die Dissertation wenigstens aus persönlichem Interesse erfolgen und nicht weil uns die Gesellschaft danach beurteilt, ob wir einen Doktortitel tragen oder nicht. Der Schweiß der Arbeit sollte wenigstens uns selbst stolz machen. Und für die Gesellschaft bleibt zu hoffen, dass sich das Ansehen der Wissenschaftler und Mediziner nicht mehr über Titel definiert und dass wissenschaftliches Arbeiten und das Anfertigen einer Dissertation wieder gewürdigt wird in ihrem Tun und nicht nur in den Resultaten, die mehr Schall als Rauch sind.
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