Die britische "Sun" behauptete in großer Sensationsaufmachung, dass ein und dasselbe Männergesicht verschiedensten Menschen im Traum erscheinen würde. Sie bezog sich dabei auf Berichte von mehreren Ärzten und Psychiatern. Da Massenblätter häufiger kollektive Strömungen, Zeitgeist-Erscheinungen und populäre Trends aufspüren, habe ich mir diese Meldung etwas genauer ansehen wollen:
Es ist eigentlich ein Allerweltgesicht, das da auf www.thisman.org kaum zu einem Fahndungsfoto reichen würde. Je häufiger es publiziert wird, desto sicherer kann man sein, dass schließlich Millionen Menschen weltweit überzeugt scheinen, gerade eben nur und ausschließlich von dieser einen Visage geträumt zu haben. Dies wäre allerdings kaum einen Kommentar wert, wenn nicht unterhttp://www.thisman.org/theories.htm die aberwitzigsten Theorien über "den Mann, von dem die Welt träumt" im typischen "Setting" (männl. Psychiater - weibl. Patientin) aufgetaucht wären:
1. Die "ARCHETYPE THEORY" postuliert nach C. G. Jung, dass es im kollektiven Unbewussten ein männliches Musterbild gäbe, welches in Zeiten seelischer Stress-Belastungen bei besonders sensiblen Personen im Traum auftauche. ["According to Jung's psychoanalytic theory, this man is an archetypal image belonging to the collective unconscious that can surface in times of hardship (emotional development, dramatic changes in our lives, stressful circumstances etc.) in particularly sensitive subjects."] 2. Die "RELIGIOUS THEORY" besagt, dass der "Schöpfer" sich in einem der heutigen Epoche entsprechenden Antlitz manifestiere, um die Träumenden mit seinen im Traum hervorgebrachten Worten dezidiert zum Folgen zu motivieren. ["According to this theory this man is the image of the Creator, that is to say one of the forms in which God manifests himself today. This is the reason why his indications and the words he utters during the dreams should be decidedly followed by the dreamers."] 3. Die "DREAM SURFER THEORY" ist die aberwitzigste: Eine reale männliche Person sei mittels übler Psycho-Tricks in der Lage, sich in fremde Träume hinein zu manipulieren und dort im Gehirn herum zu surfen. Das ginge so weit, dass manche glaubten, ein hinterhältig-fieser Psycho-Plan („brain-drain“) einer großen Firma stecke dahinter. ["It is the most interesting theory and the one that has the greatest implications, but it has also the lowest scientific credibility. According to this theory this man is a real person, who can enter people's dreams by means of specific psychological skills. Some believe that in real life this man looks like the man in the dreams. Others think that the man in the dreams looks completely different from his real life counterpart. Some people seem to believe that behind this man there is a mental conditioning plan developed by a major corporation."] 4. Die "DREAM IMITATION THEORY" ist relativ schlicht gestrickt: Sozialpsychologisch gäbe es ein gelegentlich auftauchendes "progressives Imitations-Phänomen", nach dem Menschen derart beeindruckt würden, dass sie begännen, diesen Menschen im Traum zu sehen. ["This is a scientific psycho-sociological theory which claims that this phenomenon has arisen casually and has progressively developed by imitation. Basically when people are exposed to this phenomenon they become so deeply impressed that they start seeing this man in their dreams."] 5. Die "DAYTIME RECOGNITION THEORY" besagt dagegen, Alles sei reiner Zufall. Normalerweise könnten wir uns Traumgesichter gar nicht merken. Das beschriebene Männerbild würde nur in unserem Wach-Sein die Wiedererkennung eines uns bedrückenden Imagos (Oneirodynia = Alpdrücken) erleichtern. ["This theory states that the apparitions of this man are purely casual. Normally we do not remember precisely the faces we see in our dreams. The image of this man would thus be an instrument which, in the subject's waking life, facilitates recognition of an undefined oneirical image."] (frei aus dem Amerikanischen übersetzt).
Bildquelle (Außenseite): Ray Bodden, flickr