Ein Schluck zur Erleichterung. Es gibt immer einen Grund, warum ein Mensch eine Alkoholabhängigkeit entwickelt. Niemand gerät per Zufall in eine Alkoholsucht. Abgesehen davon, dass es keine Zufälle gibt. Der Mensch trinkt, um seelische Belastungen leichter zu ertragen. Man spricht hier auch vom Erleichterungstrinker oder Alpha-Trinker (n. Jellinek).
Hat man einmal einen über den Durst getrunken, kommt einem dieser Satz schon mal über die Lippen. Er ist allerdings selten ernst gemeint und kommt eher mit einem Augenzwinkern daher. Jammern wir doch nur allzugerne auf hohem Niveau. Doch das gilt nicht für alle.
Für viele Menschen ist dieser locker dahergesagte Spruch alles andere als witzig. Er ist bitterer Ernst. Denn ihr Leben lässt sich in der Tat nur noch im Suff ertragen. Viele haben über Jahre hinweg eine Alkoholabhängigkeit entwickelt, um sich zu betäuben, um den Schmerz, den sie in sich tragen, nicht fühlen zu müssen.
Mit “Suffköppen” wollen wir nicht gerne etwas zu tun haben. Nun, wenn uns eine fremde Person nicht behagt, können wir naserümpfend die Straßenseite wechseln. Doch was, wenn dieser alkoholabhängige Mensch ein Familienmitglied ist? Was, wenn es sich bei diesem Alkoholsüchtigen um den eigenen Partner, die Eltern oder das eigene Kind handelt?
Es gibt immer einen Grund, warum ein Mensch eine Alkoholabhängigkeit entwickelt. Niemand gerät per Zufall in eine Alkoholsucht. Abgesehen davon, dass es keine Zufälle gibt. Der Mensch trinkt, um seelische Belastungen leichter zu ertragen. Man spricht hier auch vom Erleichterungstrinker oder Alpha-Trinker (n. Jellinek).
Es gibt Menschen, die keine Gelegenheit auslassen, zu denen Alkohol konsumiert wird (Gelegenheitstrinker bzw. Beta-Trinker). Sie lassen sich leicht zum Trinken verleiten und sind suchtgefährdet. Durch ihr Trinkverhalten schädigen sie ihre Gesundheit.
Ist der Mensch erst einmal zum Suchttrinker (Gamma-Trinker) geworden, kommt es beim Trinken häufig zu Kontrollverlust. Regelrechte Saufexzesse und unauffällige Phasen wechseln sich ab. Bereits der erste Schluck Alkohol löst ein unstillbares Verlangen (Craving) aus.
Irgendwann schmeckt die Plörre nicht mehr. Leider ist es dann oft zu spät. Man kann nicht mehr aufhören zu trinken, kommt nicht mehr vom Alkohol los. Ohne ein gewisses Pensum an “Sprit” ist der Tag nicht mehr zu bewältigen (Spiegeltrinker bzw. Delta-Trinker). Sind alkoholische Getränke nicht sofort verfügbar, kommt Panik auf. Der Mensch leidet an Entzugserscheinungen, wird unruhig, nervös und fängt an zu zittern.
Spätestens jetzt ist klar, dass es sich bei diesem Trinkverhalten um eine ausgewachsene Alkoholabhängigkeit handelt.
So genannte Quartalssäufer (Epsilon-Trinker) können über viele Monate abstinent leben und ohne Alkohol auskommen. Dann folgt eine Phase exzessiven Alkoholkonsums, wobei der Trinker keine Kontrolle über sein Trinkverhalten hat. Tagelange Saufgelage können zu vorübergehendem Gedächtnisschwund, dem berühmten Filmriss (Blackout) führen. Danach folgt in der Regel wieder eine Phase der Abstinenz.
Wie ich vorhin schon angeführt habe, haben diese Menschen einen Grund für ihr Tun. Sie trinken, um innere Spannungen abzubauen und sich selbst vor unerträglichem Seelenschmerz zu schützen. Der Alkoholkonsum ist zunächst eine Bewältigungsstrategie, so absurd das auch klingen mag.
In der systemischen Therapie und Beratung spricht man von ressourcenorientiertem Verhalten. Und wenn die einzige Ressource darin besteht, durch Trinken diesen tiefen Schmerz nicht spüren zu müssen, ist dies erst einmal positiv zu sehen und entsprechend zu würdigen.
Dass dies auf Dauer keine Lösung ist, ist sonnenklar. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Doch wir sollten uns immer vor Augen halten, dass niemand aus Jux und Tollerei zum Säufer wird. Dahinter steckt immer ein Seelenschmerz, ein unüberwältigbarer Stress bzw. ein Trauma. Eine Alkoholentzugstherapie mit anschließender Traumatherapie ist hier dringend angesagt.