Das triple-negative Mammakarzinom ist eine aggressive Brustkrebsform und bislang schwer zu therapieren. Nun wollen Onkologen sich die Immuntherapie zu Nutze machen. Auf dem ESMO-Kongress spricht Matteo Lambertini mit uns über die erste vielversprechende Therapie.
Das Interview in schriftlicher Ausführung: Philipp Schuldt: Viele Ärzte haben Brustkrebspatientinnen, die eine endokrine Therapie wie mit Tamoxifen oder Anastrozol erhalten. Doch was passiert, wenn es bei Patientinnen unter dieser Therapie trotzdem zur Tumorprogression kommt? Matteo Lambertini: In der Vergangenheit haben wir glücklicherweise mehrere wichtige Neuerungen in der Behandlung von Frauen mit hormonrezeptor-positivem Brustkrebs, sowohl in der Frühphase, als auch in der metastatischen Phase erreicht. Das gilt auch für Patientinnen, bei denen es unter der Standardbehandlung Tamoxifen und Aromatasehemmer zur Tumorprogression kommt. Wir haben abgesehen von der Chemotherapie inzwischen mehrere verschiedene Optionen. Die aktuellen Leitlinien sagen, dass Frauen mit fortgeschrittenem hormonrezeptor-positivem Brustkrebs vor einer Chemotherapie mit verschiedenen Endokrintherapien behandelt werden sollten – außer es gibt den dringenden Grund für eine Chemotherapie. Die neuen Zielwirkstoffe können zusammen mit einer endokrinen Therapie eine Behandlungsresistenz verzögern. Das bedeutet, dass Patientinnen unter dieser Therapie länger überleben. Unter diesen Medikamenten finden sich schon genehmigte Medikamente, die schon klinisch eingesetzt werden wie Everolimus, ein mTOR-Inhibitor und CDK4/6-Inhibitoren. Einige dieser Wirkstoffe, die hier auf dem ESMO-Kongress vorgstellt wurden, werden höchstwahrscheinlich in den nächsten Jahren verfügbar sein. Philipp Schuldt: Welche Rolle spielt die Immuntherapie bei Brustkrebs? Matteo Lambertini: Die Immuntherapie ist bislang bei Brustkrebs nicht so gängig wie bei anderen Krebserkrankungen. Da hängen wir ein bisschen hinterher. Aber hier auf dem ESMO-Kongress stellen wir die erste randomisierte Phase-III-Studie mit Immuntherapie plus Chemotherapie bei Patientinnen mit triple-negativem Brustkrebs. Diese Studie zeigt einige interessante Befunde wie einer 10-monatigen Verbesserung des Gesamtüberlebens bei Patientinnen mit PD-L1-positiv, triple-negativem Brustkrebs. Solche Ergebnisse sehen wir nicht so häufig, insbesondere bei dieser aggressiven Form von Brustkrebs. Philipp Schuldt: Das bedeutet, dass Immuntherapien eher bei triple-negativem Brustkrebs vielversprechend sind? Matteo Lambertini: Die Daten, die wir bislang gesammelt haben, stammen aus Phase-III-Studien mit triple-negativem Brustkrebs, aber es gibt schon einige vorläufige Ergebnisse aus Phase-I- und Phase-II-Studien in einem anderen Setting nämlich HER2-positivem Brustkrebs. Es laufen aber mehrere Studien, die die Immuntherapie auch in anderen Tumorsubtypen testen, darunter der Luminal-Typ und der HER2-Brustkrebs. Philipp Schuldt: Vielen Dank, Herr Lambertini!