Es erstaunt mich manchmal immer noch, wieviel detektivisches Gespür man als Arzt aufbringen muss. Nicht nur bei der Diagnosefindung, auch wenn Patienten ab und an Symptome „vergessen“, wichtige Fakten verschweigen oder Befunde etc. abhanden gekommen sind.
Seit geraumer Zeit haben wir einen Patienten, der wiederholt mit isolierten Hyponatriämien und Durchfall bei aber normalen restlichen Blutwerten sogar mehrmals im Krankenhaus gelandet ist. Trotz intensivster interdisziplinärer Diagnostiken und Untersuchungen wissen wir immer noch nicht, woher diese „Anfälle“ kommen.
Mittlerweile nehmen wir an, dass es von etwas herrühren muss, was der Patient von außen zuführt – leider ist er nicht sonderlich gesprächig und kooperativ, so müssen wir noch weitergraben. Ein anderer Fall von Detektivarbeit diese Woche war die Geschichte der „verloren gegangenen“ Atteste für eine wochenlange Sportbefreiung.
Leider stellte sich am Ende heraus, dass die noch schulpflichtige Patientin nicht nur mir gegenüber nicht ehrlich war, sondern auch ihren Lehrern gegenüber. Was dazu führte, dass sie sich damit zwar ein paar Wochen durchmogeln konnte, es aber am Ende doch rausgekommen ist. Aber ohne Spürarbeit unsererseits und Kontrolle der gefälschten Atteste und Nachfragen in der Schule wäre dieser Betrug nie aufgeflogen.
Auch spannend ist die Suche nach Gründen von eventuellen Medikamentenunverträglichkeiten oder das angebliche Nicht-anschlagen von Medikamenten. So habe ich vor einiger Zeit durch längeres Nachfragen rausgefunden, dass die Patientin, bei der die Novamintropfen angeblich überhaupt keine Wirkung gehabt haben, statt 30 Tropfen nur 3 Tropfen Novamin eingenommen hatte. Solch eine kleine Dosis hatte natürlich überhaupt keine Wirkung. Andererseits ließ sich ein AV-Block III° auf eine übermäßige Einnahme von bestimmten Medikamenten zurückführen, wo der Patient einfach mal selbstständig beschlossen hatte, viel hilft viel, das gilt ja auch für Medikamente.
Der größte Teil der Detektivarbeit als Arzt ist aber die Ursachensuche für bestimmte Symptome. Woher kommen diese seit 3 Monaten bestehenden Kopfschmerzen? Haben sie überhaupt eine organische Ursache? Oder ist der Stress? Oder dass der Patient 18h am Tag vor einem Bildschirm verbringt? Klar, viele Erkrankungen sind nicht so schwer zu erkennen. Grippaler Infekt, LWS-Syndrom, Magen-Darm-Virus zum Beispiel, sowas ist meist leicht zu erkennen.
Aber die Fälle, wo es eben nicht nach Lehrbuch geht, oder die Dinge eigentlich ganz klar erscheinen, dann sich aber doch ganz anders entwickeln, das sind die spannenden Fälle, und auch mit ein Grund, warum ich so gerne als Arzt arbeite.