„With great power comes great responsibility“ - diese Empfehlung von Spider-Mans Onkel scheint nicht über Frank Ulrich Montgomerys Schreibtisch zu hängen. Denn anders als sein stets leise und diplomatisch auftretender Vorgänger Jörg-Dietrich Hoppe pflegt Montgomery eher den klassisch-deftigen Führungsstil: Meinung ja - aber bitte nur meine. In der Berliner Zeitung war Ende letzten Jahres zu lesen, dass Montgomery in eben jener Pressekonferenz, in welcher der unseelige Handwerker-Vergleich fiel, die dort versammelten Präsidenten der Landesärztekammern beim Thema Sterbehilfe mehr oder minder zu Nickdackeln degradierte.
Der Ober-Arzt lehnte es mit strengem Blick auf die Berufsethik vehement ab, Suizidwilligen zu assistieren. Auf die Nachfrage eines Journalisten, wer es denn sonst machen solle, kam die unwirsche Replik: „Lassen Sie es doch den Klempner oder den Apotheker oder den Tierarzt machen, aber nicht eben den Arzt.“ Nicht nur die Klempner, sondern auch die Apotheker dürften diese freundliche Würdigung ihres Berufsstandes mit Erstaunen zur Kenntnis genommen haben. Von den Tierärzten ganz zu schweigen. So geht Standespolitik.
Die Gegenreaktion ließ lange auf sich warten, nun ist sie da. In einem offenen Brief, der in der Ärztezeitung abgedruckt wurde, schreiben 180 empörte Kollegen folgendes:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Delegierte des 118. Deutschen Ärztetages,
es ist nicht nur ethisch vertretbar, sondern hilfreich und human, einen schwerstleidenden Patienten nicht im Stich zu lassen, der sich wohlinformiert zum Suizid entschlossen hat. Dem stimmen nicht nur 80 Prozent der deutschen Bevölkerung zu, sondern auch viele Mediziner. Der Präsident der Bundesärztekammer Frank Ulrich Montgomery spricht daher nicht im Namen der gesamten Ärzteschaft, wenn er behauptet, Freitodbegleitungen seien mit dem ärztlichen Berufsethos unvereinbar.
Unvereinbar mit dem ärztlichen Berufsethos sind allerdings zahlreiche Stellungnahmen des amtierenden Ärztekammerpräsidenten: So hat Montgomery mit seiner Äußerung, Suizidbegleitungen könnten gegebenenfalls von „Klempnern“ durchgeführt werden*, das Anliegen der betroffenen Patienten lächerlich gemacht und dem Ansehen des Arztberufes geschadet.
Wir appellieren an den Ärztestand, derartige Äußerungen des Präsidenten nicht mehr hinzunehmen und für die Sache der Patienten einzutreten.
Es ist an der Zeit, dass sich die Bundesärztekammer vom autokratischen Führungsstil der letzten Jahre verabschiedet und Ärzte in ihren ethischen Entscheidungen nicht länger bevormundet.
Unabhängig davon, wie man persönlich zur Sterbehilfe steht - der Präsident der Bundesärztekammer muss die Meinung der gesamten Ärzteschaft repräsentieren. Und die ist keinesfalls eindeutig. Das lässt sich schon aus der Tatsache ableiten, dass 7 von 17 Landesärztekammern das Sterbehilfeverbot nicht in ihre Berufsordnungen aufgenommen haben. Fast macht es den Eindruck, als ginge es hier eher um eine Machtdemonstration Montgomerys gegenüber den Landesärztekammern - sprich um eine Prestigefrage, nicht um die tatsächlichen Inhalte. Den Brief sollte Montgomery in jedem Fall ernst nehmen. Sonst muss er in seinem Büro am Herbert-Lewin-Platz demnächst eine ganze Menge Eimer aufstellen.