Heute möchte ich einmal über die TOP 3 Einweisungsdiagnosen schreiben. Meist natürlich von Hausärzten. Gleich vorneweg, ich will hier kein Hausärzte-Bashing betreiben. Nichtsdestotrotz sind manche Einweisungsdiagnosen zum Haareraufen.
Nr 1. V.a. Schlaganfall DD TIA
Wenn der Hausarzt das auf den Einweisungsschein schreibt, löst es meistens das Ticket für eine stationäre Aufnahme, vorzugsweise auf die Stroke-Unit, vorausgesetzt die Symptome sind nicht älter als drei Tage, denn sonst kann man keine Komplexpauschale abrechnen und die Patienten gehen nicht auf die Stroke-Unit, sondern auf die Normalstation.
Einem selbst als Aufnahmearzt bleibt auch oft nicht viel übrig, gerade bei der TIA, als die Patienten neurologisch zu „buchen“. Es sei denn das Labor ist derart derangiert (Hyponatriämie, akut auf chronisches Nierenversagen, Infekt) das man den Verdacht eines Schlaganfall schnell ad acta legen kann und die entsprechende Fachdisziplin bemüht. Den Hausärzten ist eigentlich kein Vorwurf zu machen, denn diese stroke mimics, also Krankheiten, die einem Schlaganfall ähnlich sehen, kann man schwer auf den ersten Blick erkennen. Bei mindestens einem Fall hätte aber schon ein simples Hilfsmittel gereicht um zu erkennen, dass der Patientin etwas anderes fehlt, nämlich das Stethoskop. Einseitige feinblasige Rasselgeräusche hätten die Patientin gleich in die internistische Abteilung gelotst. Aber wir stehen alle unter Zeitdruck und so bleibt manches auf der Strecke, nicht nur in der Klinik, sondern auch im niedergelassenen Bereich.
Patienten, die mit einer TIA kommen, also irgendeinem gerarteten neurologischen Symptom, welches sich vollständig zurückgebildet hat, nimmt man meistens auf die Stroke auf. Oft sind die Symptome rückblickend unklar und es ist gar nicht gewiss, ob da eine Durchblutungsstörung dahinter steckt. Im Zweifel ist es sicher besser etwas Überdiagnostik zu betreiben. Auch wenn ich mich oft dem Eindruck nicht erwehren kann, dass manche TIA's eher eingebildet sind oder eher auf Blutdruckkrisen zurückzuführen sind.
Nr. 2. Akuter Schwindel
Achja, der akute Schwindel. Meist kommen die Patienten mit einem plötzlich und noch nie so dagewesenen attackenartigen Schwindel, der in den frühen Morgenstunden aufgetreten ist und wenn Übelkeit und Erbrechen dazukommen, ist die Panik groß. „Mein Hausarzt meint es könnte ein Schlaganfall sein, da bin ich gleich hergekommen.“ Noch nie kann ich mich erinnern, dass ein Patient ein sogenanntes Lagerungsmanöver vom Hausarzt „bekommen“ hat. Bei der oben genannten Anamnese denkt jeder direkt an einen gutartigen Lagerungsschwindel (BPPV). Hätte der Hausarzt den Patienten gelagert würde er sofort wissen, was Sache ist. Der horizontal rotatorische Nystagmus und die Reaktion des Patienten hätte es ihm verraten. Und die Therapie mittels Befreiungsmanöver, meist nach Epley, da der posteriore Bogengang am häufigsten betroffen ist, hätte er auch gleich zur Hand. Wesentlich häufiger als ein Schlaganfall sind meiner Erfahrung nach nämlich folgende Diagnosen bei einem akuten Schwindel.
- Gutartiger Lagerungsschwindel
- Neuropathia vestibularis (Gleichgewichtsausfall)
- vestibuläre Migräne
Es mag auch hier der Zeitmangel sein, der uns die Patienten mit Lagerungsschwindel in die Notaufnahme treibt.
Nr. 3 Neurologische Störung
Ja, diese Einweisungsdiagnose gibt es tatsächlich und ist meine heimliche Nr. 1. Dahinter kann sich wirklich alles oder nichts verbergen. Nichtgreifbare Symptome, Symptome die weder Patient noch Hausarzt in Worte fassen können oder Patienten aus Altenheimen, die wahrscheinlich nur zwischen Tür und Angel gesehen wurden und wo der Pflegerin etwas komisch vorkam (gerne am Freitag Nachmittag). Diese Einweisungsdiagnose lässt dem Aufnahmearzt wenigstens den Spielraum den Patienten im besten Fall wieder zurückzuschicken, wenn „wider Erwarten“ keine „neurologische Störung“ entdeckt wird. Eigentlich ein Entgegenkommen des Hausarztes, denn hätte er Nr. 1 gewählt, müsste man so einen Patienten fast aufnehmen.
Mein Fazit ist also, statt einer Pflichtfamulatur Allgemeinmedizin, wäre eine Pflichtfamulatur Neurologie sinnvoll. Viele Begrifflichkeiten und Untersuchungsmethoden scheinen auf dem Weg im Studium abhanden gekommen. Ein besseres Verständnis grundlegender neurologischer Krankheitsbilder ist außerdem in Zukunft aufgrund des Demografiewandels sicher hilfreich und erleichtert den Klinikalltag.