Bei chronischer Insomnie helfen nicht nur Medikamente, die Auswahl an alternativen Therapiemöglichkeiten ist facettenreich. Forscher zeigen jetzt, dass Patienten auch von Online-Verhaltenstherapien profitieren. Ob sich ihre Resultate in die Praxis übertragen lassen, ist aber fraglich.
Apotheker denken bei Schlaflosigkeit primär an Phytopharmaka, „Z-Substanzen“, Antihistaminika der ersten Generation oder an Benzodiazepine. Zu den nichtmedikamentösen Optionen gehören Entspannungsverfahren, Maßnahmen zur Verbesserung der Schlafhygiene oder Schlafentzug. Dass sich kognitive Verhaltenstherapien ebenfalls eignen, ist bekannt. Sie kosten Zeit, und Therapeuten fehlen oft. Grund genug für Wissenschaftler, das Potenzial von Internet-gestützten Verfahren auszuloten.
Psychiater der University of Virginia School of Medicine in Charlottesville haben ein Online-Tool entwickelt, das vergleichbare Ziele wie die kognitive Verhaltenstherapie verfolgt. Dabei geht es vor allem um die Stimuluskontrolle, um schlaffördernde Eigenschaften zu üben. Ihr Programm SHUTi („Sleep Healthy Using the Internet“) arbeitet mit kognitive Therapietechniken wie der Schlafrestriktion. Patienten loggen sich ein und erfassen ihre Ruhezeiten beziehungsweise bewerten die Schlafqualität. Sie sollen dabei lernen, auf regelmäßige Ruhezeiten zu achten. Gleichzeitig erfasst SHUTi störende Stimuli wie Fernsehen im Bett oder Störungen durch das Smartphone. Nicht zuletzt wird versucht, störende Gedanken "zurechtzurücken", etwa die Idee vieler Menschen, man könne ohne erholsame Nachtruhe nicht arbeiten.
Jetzt wurde das Programm mit klassischen Patientenschulungen verglichen. Für ihre randomisierte Studie rekrutierten Forscher 303 Patienten mit schwerwiegenden Schlafstörungen. Die Teilnehmer waren im Schnitt 43 Jahre alt, litten seit mindestens sechs Monaten an Insomnien und schliefen weniger als 6,5 Stunden pro Nacht. Als primären Endpunkt definierten Neurologen weniger als acht Punkte beim Insomnia Severity Index (ISI):
In der Gruppe mit Patientenschulungen erzielten 11,3 Prozent aller Teilnehmer eine Remission. Sie hatten weniger als acht Punkte auf der ISI-Skala. Dieser Anteil erhöhte sich nach zwölf Monaten auf 27,3 Prozent. In der Online-Gruppe erreichten 40,6 Prozent das Ziel nach Ende ihrer Intervention. Zwölf Monate später waren es 56,6 Prozent.
Die Sache hat nur einen Haken. Entscheiden sich Patienten für SHUTi, zahlen sie 135 US-Dollar für den 16-wöchigen Zugang. Die Autoren der Veröffentlichung verfolgen kommerzielle Interessen. Sie betonen zwar, unabhängige Forscher hätten alle Daten ausgewertet. Beim Thema Adhärenz wird aber ein wenig geschummelt. Teilnehmer erhielten 50 beziehungsweise 100 US-Dollar als Prämie, falls sie dem Programm treu blieben und ihre Fragebögen ausfüllten.