Obwohl die meisten medizinisch indizierten Zirkumzisionen hierzulande von Urologen durchgeführt werden, gilt diese Operation offiziell als dermatochirurgischer Eingriff. Mit der Konsequenz, dass jetzt niedergelassene Ärzte von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) kriminalisiert werden.
Der häufigste Grund für eine medizinisch indizierte Zirkumzision ist eine angeborene oder – zum Beispiel durch eine chronische Balanoposthitis – erworbene Phimose. Seltene Gründen könne ein vom Präputium ausgehendes Peniskarzinom oder ein als fakultative Präkanzerose geltender Lichen sclerosus et atrophicans (Balanitis xerotica obliterans) sein, so dass eingentlich nur in diesen ausgewählten Fällen eine histopathologische Begutachtung des Präparates medizinisch sinnvoll ist. Bei einer reinen Phimose ist eine solche Untersuchung hingegen verzichtbar, da sie weder zu einem medizinischen Erkenntnisgewinn führt, noch therapeutische Konsequenzen hat.
Trotz dieser Überschneidung mit dem dematologischen Fachgebiet führt der Weg der meisten Patienten mit einer Phimose, aber auch mit einem genitalen Lichen sclerosus zum Urologen. Und da die Zirkumzision in der Regel als ambulante Operation durchgeführt wird, nehmen häufig auch niedergelassene Ärzte sie in ihrer Praxis vor.
Nun gilt die Zirkumzision offiziell als dermatochirurgischer Eingriff, und hierfür schreibt der Leistungskatalog der KBV eine Bilddokumentation und/oder Histologie zwingend vor, was bei der Entfernung von Hautnaevi, eines malignen Melanoms, Spinalioms, Basalioms oder anderer Hauterkrankungen ja auch Sinn macht. Da Urologen aber auf eine solche Dokumentation in der Regel verzichten, wird ihnen nun von der KBV Abrechnungsbetrug vorgeworfen, was zu teilweise horrenden Regressforderungen geführt hat. Es wird ihnen quasi unterstellt, Leistungen abgerechnet zu haben, die angeblich gar nicht erbracht wurden.
Was soll man davon halten?
Einerseits ist aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) eine Fotodokumentation des Penis (vorher/nachher) nicht sinnvoll, da beispielsweise eine relative Phimose nur im erregierten Zustand erkennbar sein kann, trotzdem aber Beschwerden verursacht. Zumal solche Genitalfotos – gerade auch bei Kindern – ethisch wenig vertretbar erscheinen, nur um den bürokratischen Ansprüchen der Abrechnungsstelle zu genügen. Andererseits würde eine nunmehr routinemäßige histologische Untersuchung der entfernten Vorhaut unnötige Kosten für das Gesundheitswesen verursachen und ist daher mit dem im Sozialgesetzbuch geforderten Wirtschaftlichkeitsgebot nicht vereinbar, da sie im Normalfall weder eine medizinisch sinnvolle, noch erforderliche Leistung ist.
Trotzdem ist eine solche Dokumentation unter den gegebenen Umständen zur Zeit Pflicht, auch wenn sie schwachsinnig ist.
Da wiehert der Amtsschimmel!
Abbildung: Partynia / Wikipedia
Bildquelle (Außenseite): redjar, flickr