Da war doch noch die Reklamation zweier Tuben Akne-Creme (rezeptpflichtig). Die Kundin (eine Frau in den 40ern) kommt mit einer Tube zu mir, knallt sie fast vor mich auf den Tisch und sagt:
„Die habe ich gestern aufgemacht – und dann ist mir der Inhalt entgegen gekommen! Fast die Hälfte der Tube hat es so ausgedrückt. Das Zeug war auch getrennt, ein Teil war flüssig! Dabei ist der Verfall noch gut. Ich möchte gerne eine neue Tube! Für diese und die andere, die ich zu Hause habe, die war auch nicht gut, die habe ich auch geöffnet.“
Hmmm, das hört sich nicht gut an, aber… erst mal ansehen.
Die Tube ist äußerlich in Ordnung. Nicht zerdrückt, keine Löcher, halbvoll. Verfallsdatum laut Eindruck auf dem Falz in 4 Monaten. Ich öffne sie und drücke etwas von der weißen Salbe heraus. Die sieht auch gut aus – keine Spur von Phasentrennung. Schöne Emulsion.
Pharmama: „Ich kann nicht erkennen, dass die nicht mehr gut wäre…“
Frau: „Das liegt daran, dass ich die Tube geknetet habe! Die ist nicht in Ordnung. Ich will eine neue!“
Eine Metalltube? Wenn sie die geknetet hätte – das würde man sehen. Aber außer dass sie hinten etwas eingedrückt ist…
Pharmama: „Hmm – einfach so kann ich ihnen dafür keine Neue geben.“
Frau: „Dann fragen sie die Herstellerfirma – die schicken sicher Ersatz.“
Möglich, die Firma ist relativ kulant, aber irgendwie…
Pharmama: „Ich kann es einschicken zum testen, aber… Das mit dem Druck – das kommt gelegentlich vor. Vor allem, wenn es wärmer ist… was mich daran erinnert: wann haben Sie die Salbe bekommen?“
Frau: „Vor ein paar Monaten, aber ich habe sie nicht vorher geöffnet und abgelaufen ist sie auch nicht!“
Ich schaue im Computer – als rezeptpflichtiges Medikament ist die Abgabe natürlich drin und nachvollziehbar.
Und staune mal wieder.
Pharmama: „Oh, das ist schon länger… das war im Oktober und Dezember 2013,“ (jetzt fast 1 und ½ Jahr her) „Wie haben Sie die aufbewahrt?“
Frau, sehr abschätzig: „Natürlich im kühlen, was denken Sie denn? An dem liegt’s sicher nicht!“
Pharmama: „Nun, wenn das für Sie okay ist, schicke ich sie ein – die Firma entscheidet dann, ob es Ersatz gibt.“
Damit ist sie nicht wirklich zufrieden, aber… sie willigt dann ein.
Und Freitag habe ich von der Firma den Brief zurück bekommen.
Wir beziehen uns auf die Beanstandung zu […] Wir haben die Packung mit der Lot Nr […] an die Produktion weitergeleitet. Die andere Lot Nummer […] war leider nicht mehr vorhanden. Wir haben nun folgende Stellungsnahme erhalten:
Bezugnehmend auf Lot Nr […]
Die zurückgebrachte Probe wurde vom pharmazeutischen Entwicklungs-Labor getestet, es wurden keine Anomalien gefunden.
Das Aussehen der beanstandeten Probe bestätigt die Homogenität der Emulsion, das bedeutet die Struktur der Emulsion war nicht beeinträchtigt.
Die Reklamation wird deshalb als nicht gerechtfertigt eingeschätzt, da wir auch keinen Hinweis auf den vermuteten Defekt gefunden haben.
Es wurde keine Probe erhalten. Es gibt keinen Hinweis darauf dass sie Defekt ist.
Wir sind an allen Meldungen die unsere Medikamentensicherheit betreffen interessiert und danken Ihnen für die Zusammenarbeit und dass Sie uns auf den oben erwähnten Fall aufmerksam gemacht haben.
Ja – tut mir irgendwie in dem Fall leid… für die Firma… all der Aufwand – und ich habe die Vermutung, dass die Kundin das nur gemacht hat, um an ein (paar) neue Tube(n) zu kommen. Sie wäre der Typ dafür.
Was mich dran erinnert – wenn die wiederkommt und ich ihr die Nachricht überbringe, dann will sie bestimmt die „Probentube“ zurück. Mal schauen, wie ich das am besten formuliere, dass das nicht möglich ist, da die zum testen verbraucht wurde.