Seitdem bei Morbus Crohn erstaunliche Therapieerfolge mit Stuhltransplantationen erzielt wurden, ist die bakterielle Besiedelung des eigenen Körpers, das sog. Mikrobiom, in aller Munde. Die US-Firma Ubiome bietet seit kurzem an, das Mikrobiom zu vermessen. Zeit für einen Selbsttest.
Die Methode von Ubiome basiert nicht auf der umständlichen Anzüchtung von Bakterien auf Kulturplatten, sondern auf genetischer Spurensicherung. Aus den eingesendeten Proben wird die bakterielle DNA extrahiert und anschließend sequenziert. Der Vergleich mit entsprechenden DNA-Datenbanken ermöglicht dann die Bestimmung der Erreger, der relative DNA-Gehalt in der Probe ihre Verbreitung im Mikrobiom.
Ubiome bietet auf seiner Website drei Testkits an: Das Darmkit für 89$, das "Zeitraffer"-Darmkit für 199$ und die Deluxe-Ausführung für 399$, die das Mikrobiom an 5 verschiedenen Körperstellen bestimmt - in Darm, Mund, Nase, Genitalien und Haut. Als Quantified-Self-Fan entscheide ich mich für die große Ausführung - wenn schon vermessen, dann richtig.
Das Kit trifft einige Tage später per Post ein. Der schlichte schwarze Karton enthält einige sterile Watteträger, 5 Teströhrchen und eine Reserve, falls eine Probenentnahme in die Hose geht. Zurückgeschickt werden soll das Ganze per Snail Mail in die USA - ein Rückumschlag liegt bei.
Wie man die Proben entnimmt, wird sehr anschaulich auf der Website von Ubiome erklärt. Praktischerweise geschieht dies im Smartphone-Format - denn wer will morgens schon mit dem aufgeklappten Laptop ins Badezimmer.
Die Handhabung ist sehr einfach: Watteträger auspacken, mit steriler Kochsalzlösung befeuchten (liegt bei) und ca. 30 Sekunden an der entsprechenden Körperstelle reiben. Danach führt man den Watteträger in das entsprechend beschriftete Röhrchen mit Konservierungslösung ein und rührt 1 Minute um.
Nach etwa 20 Minuten fleißigen Watteträger-Rührens ist die Probengewinnung gelaufen - mein Mikrobiom ist bereit, die weite Reise nach Kalifornien anzutreten. Dann beginnt das Warten. Lange höre ich von Ubiome nichts. Erst als ich mich nach 2 Wochen auf Verdacht auf der Website einlogge, sehe ich, dass meine Ergebnisse schon online sind. Da muss wohl eine E-Mail vom Spamfilter geschluckt worden sein.
Das Resultat der genetischen Spurensicherung ist nach Entnahmestelle sortiert und in übersichtlichen Kuchen – und Balkendiagrammen abrufbar. Dabei erfahre ich, dass meine Nasenschleimhaut zu 53,29% mit Firmicutes, zu 32,41% mit Proteobakterien und zu 13,89% mit Aktinobakterien besiedelt ist. So weit, so gut. Spannender wird es, wenn man seine Ergebnisse mit den Werten anderer Probanden vergleicht - an dieser Stelle würde man sich jedoch etwas mehr Optionen wünschen, denn leider lässt sich die Peergroup nicht nach Alter, Geschlecht oder Nationalität einschränken.
Mit konkreten Diagnosen und Empfehlungen hält sich Ubiome zurück. Offensichtlich haben die laufenden Auseinandersetzungen zwischen der FDA und 23andme die Anbieter von DNA-Tests etwas vorsichtiger werden lassen. Interessanter als die genauen Resultate des Ubiome-Tests ist daher die schiere Menge der identifizierten Bakterien selbst. Die meisten Namen dürften nur denen geläufig sein, die zufällig als Mikrobiologe zur Welt gekommen sind. Eins macht der Test klar: Der Körper ist ein wandelndes Großraumgehege für Tausende von Bakterienarten, deren genaue Zusammensetzung so individuell ist wie ein Fingerabdruck. Ihre genaue Lebensweise und Interaktion mit dem Körper kennen wir nur ansatzweise. Das sollte einem vor jeder Antibiotikatherapie zu denken geben.
Bildquelle (Außenseite): Tony Alter, flickr