Der Tod ist für manche nicht das Ende – das ist in diesem Fall nicht spirituell gemeint. Kryoniker lassen sich nach dem Ableben einfrieren, um eines Tages aufzutauen und weiterzuleben. Eine 14-jährige Britin setzte nun, kurz bevor sie an Krebs starb, den Antrag auf Kryonik gerichtlich durch.
Vor fast zwei Monaten erfüllte das Gericht den Wunsch einer 14-jährigen Britin, nach ihrem Tod kältekonserviert zu werden. Das Mädchen verstarb kurz darauf an Krebs, ihre Leiche befindet sich jetzt in einem Thermosbehälter in den USA.
„I have been asked to explain why I want this unusual thing done. I am only 14 years old and I don't want to die but I know I am going to die. I think being cryopreserved gives me a chance to be cured and woken up - even in hundreds of years' time. I don't want to be buried underground. I want to live and live longer and I think that in the future they may find a cure for my cancer and wake me up. I want to have this chance. This is my wish.“ Das ist der Brief, den ein 14-jähriges krebskrankes Mädchen aus England an das britische Gericht verfasste. Am siebten Oktober dieses Jahres wurde entschieden, diesen letzten Wunsch zu erfüllen. Zehn Tage später starb die Britin und ihre Leiche wurde direkt in die Vereinigten Staaten transportiert, um dort kältekonserviert zu werden.
Das Konzept der Kryonik: Ein toter Körper wird eingefroren und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgetaut – dann, wenn die Medizin so weit fortgeschritten ist, dass man Krankheiten, die im Jetzt nicht therapierbar sind, heilen kann. Das ist eine Art der Zukunftsplanung, die immer mehr Anhänger findet. Dabei wird der Körper nach dem Tod bei minus 196 Grad Celsius in flüssigem Stickstoff konserviert. Dadurch wird die Verwesung verhindert und es besteht theoretisch die Möglichkeit, irgendwann reanimiert zu werden. Die Leichen werden in riesigen Thermosbehältern aufbewahrt. Nicht alle Kunden haben den Wunsch oder das Geld, den ganzen Körper einfrieren zu lassen. Vielen reicht auch der Kopf, denn im Idealfall ist es in der Zukunft möglich, den Körper aus den Gehirnstammzellen neu zu züchten.
Auch wenn das Verfahren in Deutschland (noch) nicht zugelassen ist – Kryonisten gibt es auch hierzulande. So wie beispielweise Torsten Nahm. „Kryonik ist wie ein Krankentransport in die Zukunft,“ sagte er in einem Interview. Der 37-jährige Mathematiker ist überzeugt davon, dass man den Tod überlisten kann, indem man sich einfriert und zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Medizin so weit ist, auftaut und weiterlebt. Weltweit gibt es ungefähr 2.000 Menschen, die das genau so sehen. Nahm investiert 60.000 Euro in die Idee, das Geld geht an die Alcor Life Extension Foundation. Sie ist eine der größten Stiftungen in den USA, die diesen Service anbietet und sich nach Nahms Tod um die Umsetzung kümmert.
Dort ist auch James Bedford untergebracht, der erste Mann, der jemals eingefroren wurde – 1964, auf eigenen Wunsch, nachdem er an einem Nierentumor gestorben war. Der Psychologie-Professor hatte sich lange mit der Thematik beschäftigt und hinterließ der Nachwelt sein mittlerweile weltbekanntes Buch „Die Aussicht auf Unsterblichkeit“.
Für Eckhard Nagel ist Kryonik Science Fiction und ein Geschäft mit der Hoffnung. Der Transplantationsmediziner sitzt im Ethikrat des Bundestags und im Präsidiumsvorstand des Deutschen Evangelischen Kirchentags. „Manche Menschen denken, nur die Materie mache sie aus. Kulturhistorisch ist das eine starke Verarmung,“ äußert er am Konzept Kritik.
Auch wenn es sich im Fall der 14-Jährigen Britin um einen Spezialfall handelt – dass ihr Antrag auf das Konservieren ihres Leichnams stattgegeben wurde, ist ein historischer Schritt in Europa. Ob der Plan der Kryoniker tatsächlich irgendwann aufgeht? Aus heutiger Sicht lässt sich die Frage weder mit einem klaren Ja noch mit einem endgültigen Nein beantworten.