CETP-Hemmer erhöhen deutlich das HDL-Cholesterin und senken gleichzeitig das LDL-Cholesterin, haben aber keine positiven Effekte auf die Rate kardiovaskulärer Ereignisse.
Hohe Cholesterinspiegel gelten in der Kardiologie als Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen. Angestrebt werden mehr als 35 mg/dl HDL-Cholesterin und weniger als 150 mg/dl LDL-Cholesterin. Als Standardtherapie werden Lipidsenker aus der Klasse der Statine verabreicht. Medikamente aus dieser Wirkstoffgruppe bewirken zwar eine dramatische Reduktion der Cholesterinspiegel, haben aber kaum positive Effekte auf kardiovaskuläre Ereignisse [1]. In absoluten Werten gemessen liegt die Wirkung von Statinen bei etwa einem Prozent, d.h. von 100 behandelten Patienten wird nur bei einem ein Herzinfarkt verhindert. Angegeben wird deshalb die relative Wirkung, welche häufig 30% bis 50% beträgt. Die Zulassung von Statinen zur Behandlung von Herzerkrankungen im Jahre 1987 basierte ausschließlich auf der Senkung der LDL-Serumkonzentrationen. Klinische Studien zum Nachweis therapeutischer Effekte lagen bei Zulassungen der Statine nicht vor. Hinweise auf positive klinische Wirkungen bei kardiovaskulären Erkrankungen wurden erst 1994 mit dem Scandinavian Simvastatin Survival Trial geliefert.
Derzeit werden in der Kardiologie große Hoffnungen gesetzt auf PCSK9-Inhibitoren, welche den LDL-Spiegel drastisch senken und bereits als „Super-Statine“ gefeiert werden. Erste Wirkstoffe aus der Klasse der PCSK9-Inhibitoren zur Senkung von LDL-Werten sind in Europa und Amerika im Sommer 2015 ohne Nachweis eines therapeutischen Nutzens zugelassen worden und dürfen jetzt als Mittel zur Vorbeugung von Herzerkrankungen beworben und eingesetzt werden. Amgen, Hersteller des PCSK9-Hemmers Repatha® teilt dazu mit:“ The effect of Repatha on cardiovascular morbidity and mortality has not yet been determined.“ [2].
Auf der Jahrestagung des American College of Cardiology vom 2.-4. April 2016 in Chicago sind nunmehr Studienergebnisse vorgestellt worden, welche die These von positiven therapeutischen Effekten niedriger LDL- und hoher HDL-Werte widerlegen [3]. CETP-Hemmer erhöhen deutlich das HDL-Cholesterin und senken gleichzeitig das LDL-Cholesterin. Mehrere Unternehmen haben Zulassungsstudien mit Wirkstoffen aus der Klasse der CETP-Hemmer wegen Wirkungslosigkeit abgebrochen. Roche's Wirkstoff Dalcetrapib und Pfizer's Torcetrapib sind in großen Registrierungsstudien ebenso gescheitert wie der Wirkstoff Evacetrapib von Eli Lilly. Dieser hat in der mehr als 12.000 Patienten umfassenden ACCELERATE-Studie die HDL-Werte der Studienteilnehmer im Schnitt um 130 Prozent angehoben (von anfänglich 46 mg/dl auf 104 mg/dl). Zugleich sanken die LDL-Cholesterinspiegel um 37 Prozent von 82 mg/dl auf 55 mg/dl. Trotz dieser deutlichen Effekte auf die Cholesterinspiegel war die Rate kardiovaskulärer Ereignisse (kardiovaskulär bedingter Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall, Revaskularisation, instabile Angina pectoris) in der Evacetrapibgruppe nicht besser als die in der Placebogruppe.
Die Bedeutung der Cholesterinspiegel für Herz- Kreislauferkrankungen bleibt also weiter umstritten. Deshalb ist es lohnswert, auf Wirkstoffe zu setzen, welche über andere Wirkmechanismen als Senkung des LDL- und Erhöhung des HDL-Spiegels kardioprotektive Effekte bewirken. Der Wirkstoff Ouabain mit seinem einzigartigen Wirkprofil ist hierfür ein vielversprechender Kandidat.
Literatur
[1] Diamond DM, Ravnskov U. How statistical deception created the appearance that statins are safe and effective in primary and secondary prevention of cardiovascular disease. Expert Rev Clin Pharmacol. 2015 Mar;8(2):201-10.
[2] Amgen Inc. Pressemitteilung vom 21. Juli 2015
[3] Joint American College of Cardiology/Journal of the American Medical Association Late-Breaking Clinical Trials: ACCELERATE: Impact of the Cholesteryl Ester Transfer Protein Inhibitor Evacetrapib on Cardiovascular Events: Results of the ACCELERATE trial, Jahrestagung des American College of Cardiology (ACC) 2016, 2.-4. April 2016, Chicago