Der Einfluß psychischer Komorbiditäten wie Angst und Depression auf die Lungenfunktion ist durch zahlreiche Studien belegt. Wenig ist bisher erforscht, wie überdauernde Persönlichkeitszüge die Lungenfunktion beeinflussen. Eine US-amerikanische Kohortenstudie liefert bemerkenswerte Ergebnisse mit interessanten klinischen Implikationen.
Die Studie untersucht die Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit, Lungenfunktion und subjektiver Atemnot bei älteren Patienten mit und ohne COPD-Diagnose anhand von drei Fragestellungen:
Methoden:
Die Teilnehmer einer nationalen repräsentativen Langzeitstudie wurden zwischen 2006 und 2008 (Baseline - 12.670 Teilnehmer) und erneut zwischen 2010 und 2012 (Follow up - 9.362 Teilnehmer) interviewt bzw. getestet.
Als Meßinstrumente dienten:
Wie sehen die Ergebnisse der Studie im Detail aus?
Persönlichkeitszüge korrelieren mit
Vor allem ältere Erwachsene mit hohem Neurotizismus und niedriger Gewissenhaftigkeit haben einen niedrigeren Peak Flow und eine steileren Peak Flow-Abfall im Verlauf. Sie leiden häufiger unter COPD und unter Atemnot.
Die Korrelationen zwischen Persönlichkeitszügen und Peak Flow bzw. Atemnot sind vergleichbar für Teilnehmer mit und ohne COPD - also krankheitsunabhängig. Sie bleiben signifikant auch nach Berücksichtigung potentieller Mediatoren (wie Zigarettenrauchen, körperliche Aktivität, BMI, chronische Komorbiditäten).
Gewissenhaftigkeit zeigt die stärksten und konsistentesten Korrelationen von allen Persönlichkeitszügen.
Die signifikanten Unterschiede bei Neurotizismus und Gewissenhaftigkeit zwischen Teilnehmern mit und ohne COPD stimmen überein mit zahlreichen Studien zum Zusammenhang zwischen diesen beiden Persönlichkeitszügen und chronischen Krankheiten bei älteren Erwachsenen.
COPD findet sich hauptsächlich bei Rauchern, die in der Regel ebenfalls höhere Neurotizismus- und geringere Gewissenhaftigkeits-Werte aufweisen. Bei Kindern und jungen Erwachsenen gilt diese Kombination als Prädiktor für Nikotinkonsum im Erwachsenenalter. Dies legt nahe, daß Persönlichkeitszüge (bspw. via erhöhtes Raucher-Risiko) als Risikofaktoren für COPD fungieren können.
Obwohl also einerseits Persönlichkeitszüge zur Ätiologie der COPD beizutragen scheinen, können auf der anderen Seite Rauchen und Lungenerkrankung mit Änderungen in der Persönlichkeit verknüpft sein - ähnlich wie bei den bidirektionalen Beziehungen zwischen Stimmung und Rauchen bzw. Rauchstop.
Die Persönlichkeit sagt den aktuellen und den zukünftigen Peak Flow voraus. Bei Teilnehmern mit COPD haben Neurotizismus und Gewissenhaftigkeit Vorhersagekraft für die Abnahme der Lungenfunktion und somit prognostischen Wert.
Außerdem hängt die Adhärenz mit Persönlichkeitszügen zusammen. Zudem profitieren Menschen mit hohen Neurotizismus-Werten von psychotherapeutischer und psychopharmakologischer Behandlung.
Persönlichkeitszüge können die Unterschiede in der klinischen Manifestation der COPD erklären, da Atemnot als subjektives Symptom nicht immer dem Ausmaß der Atemflußlimitation entspricht. Die Studie belegt Zusammenhänge zwischen Persönlichkeitszügen und Atemnot für Teilnehmer mit und ohne COPD. Auch nach Berücksichtigung diverser Einflußfaktoren und ebenfalls bei der Untergruppe mit eingeschränkter Lungenfunktion (PEF < 80%) sind Persönlichkeitszüge signifikante Prädikatoren für Atemnot.
Fazit: