Auf dem Rezept für einen eher komplizerten Patienten (er will immer das Original, respektive genau das Produkt, das der Arzt aufgeschrieben hat) steht:
1 OP Nebivolol Streuli 1-0-0 LX (muss lactosefrei sein!)
Ja, alles klar. Wir haben Nebivolol hier – allerdings „nur“ das Original und 2 Generika- nicht das von Streuli.
Auch unbekannt: ob das von Streuli (oder ein anderes) wirklich Lactosefrei ist.
In der Schweiz habe ich nämlich das Problem, dass das als Hilfsstoff nicht angegeben sein muss. Das steht weder in der Packungsbeilage noch auf der Packung und auch nicht in der Fachinformation. Die einzige Möglichkeit die ich heute habe um das herauszufinden -seit sie die Seite, die das einmal gesammelt hat im Internet ersatzlos (aus rechtlichen Gründen?) geschlossen haben- ist, das vom Hersteller zu erfahren. Entweder indem er das im Internet angibt (teils nur auf Seiten, die mittels Passwort zugänglich sind), Informationsbroschüren die der Vertreter mal in der Apotheke hinterlassen hat (ja, für jeden Hersteller einzeln) oder indem ich ihn anrufe.
Das mache ich dann auch (Ja, ich: momentan sind wir zu wenig und die anderen beschäftige ich vorne)
Im Bild sieht man eine Liste der in der Schweiz erhältlichen Generika Übersichtlich, nicht? – das sind die Firmen, die ich anfrage. (Auch sichtbar: wie wenig die Preisdifferenz ist, einerseits zwischen Original und Generika: nicht mal 2 Franken in dem Fall, andererseits zwischen den Generika selber.)
Zuerst versuche ich es bei der Streuli – denn vielleicht weiss der Arzt da mehr als ich.
Aber: Fehlanzeige. Die haben Lactose drin.
Ich telefoniere weiter und erhalte nichts als negative Bescheide. Überall ist Lactose drin.
Es ist mühsam, aber ich versuche dem zumindest für mich etwas abzugewinnen, indem ich die verschiedenen Methoden der Firmen analysiere. Da gibt es die, die die Frage direkt beantworten können. Dann gibt es die, die einen erst mal zu ihrer medizinischen Abteilung weiterverbinden.
Während ich wieder mal in der Warteschlaufe sitze suche ich das bei der Axapharm zeitgleich im Internet – das ist eine super Firma, was die Information angeht (und das sage ich nicht nur, weil das praktisch die Generikafirma des Apothekervereins ist), da steht es nämlich. Für alle gut auffindbar, ohne dass ich erst 3 Sachen eingeben muss und mich einloggen oder so.
Aber auch das hat Lactose drin und ich nähere mich dem Ende der Liste. Nur noch eine Firma übrig: die Helvepharm.
Ich versuche es. Die gehört offenbar zu denen, die mich erst weiterverbinden müssen – blöderweise scheint die verantwortliche Person nicht da zu sein (inzwischen ist es auch bald 5 Uhr), also wirft es mich zur Zentrale zurück. Die verpricht mir es herauszufinden und zurück zu rufen.
Aber weil das die letzte ist glaube ich nicht mehr daran, dass das jetzt die eine sein soll, die kein Lactose drin hat.
Also rufe ich dem Arzt an – der nicht abnimmt – und hinterlasse auf dem Anrufbeantworter diese Nachricht:
„Ich rufe an wegen ihrem Rezept für Herrn … Sie haben aufgeschrieben Nbivolol Streuli und darf keine Lactose enthalten. Laut Streuli hat das aber Lactose drin. Ich habe versucht eines zu finden, das kein Lactose drin hat, aber alle Firmen haben das drin, Mepha, Sandoz, Axapharm, Spirig … Was wollen sie machen? Eines von diesen trotzdem nehmen oder den Wirkstoff wechseln? Bitte rufen Sie mich zurück unter …“
Kaum habe ich aufgehängt kommt ein Telefon rein – die Helvepharm!
„Sie haben bei uns abgefragt, ob das Nebivolol Lactose enthält. Es enthält keine Lactose.“
„Was?“ – Ich kann es kaum glauben.
„Ja, es ist lactosefrei.“
– super Reaktion übrigens. Dasselbe anders gesagt, damit die Info sicher ankommt.
„Das ist ja toll!“ sage ich. „Wussten Sie, dass Sie die einzigen sind?“
wusste sie auch nicht
Und nur wenige Minuten später kommt auch schon das Telefon vom Arzt, dem ich nun die gute Nachricht mitteilen kann, dass ich doch noch eines gefunden habe.
Meint er: „Ah, gut, dann nehmen Sie das. Obwohl wahrscheinlich auch ein anderes gegangen wäre. Ich denke bei Herrn .. sitzt die Lactoseintoleranz vor allem im Kopf.“
Ja – deshalb besteht er auch immer auf den Originalen und so. Er gehört zu denen, wo sich festgefahrene Vorstellungen nicht mehr lösen lassen. Und ich bin fast überzeugt, dass bei seinen „Originalen“ auch welche drunter sind, die Lactose enthalten … aber wir wollen das jetzt nicht komplizieren.
Aber für die etwas über 7 Franken, die ich mit den Pauschalen einnehme auch für dieses günstige Medikament, haben wir wieder ziemlich gearbeitet. Das waren 7 mehrminütige Telefone an die Pharmafirmen und 2 mit dem Arzt, dann darf ich das bestellen und der Krankenkasse abrechnen (noch mehr Arbeit). Zum Glück braucht nicht alles einen derartigen Mehraufwand!
Im übrigen: auch die neusten Studien zeigen, dass sich auch mit ausgeprägter Lactoseintoleranz täglich fast 2 g ohne Symptome vertragen … und mehr hat es in den paar Tabletten sicher nicht drin. Ausserdem habe ich einmal gelernt, dass es gar nicht schlecht ist, wenn man nicht vollständig auf Lactose verzichtet … das Enzym kann auch etwas „trainiert“ werden, so dass es eigentlich schlimmer ist, wenn man ganz lactosefrei lebt und dann auch nur ein bisschen bekommt, als wenn man täglich „etwas“ Lactose zu sich nimmt.
Ich weiss aber, dass da draussen dazu ganz unterschiedliche Erfahrungen sind – und ich bemühe mich, wenn der Wunsch nach „Lactosefrei“ kommt, den auch zu erfüllen. Aber die Vorschriften hier betreffend Angaben bei den Medikamenten (und die Pharmafirmen selber) machen das nicht ganz einfach.