Ich sage immer, in der Prüfungsphase sind alle legalen Drogen erlaubt, wenn du Lust auf Schoki hast, dann gönn dir einen Kuchen oder einen Riegel. Ich trinke auch gerne mal Energiedrinks oder Kaffee. Trotzdem erwische ich mich in der Bib oft beim Nichtstun.
Ich beobachte Menschen oder Vögel aus dem Fenster, dann überlege ich mir, welche Farben ich für die Bib-Möbel gewählt hätte. Oder starre einfach durch die Gegend. Diese Ablenkungen sind wirkliche Zeitfresser. Stundenlanges Lernen ohne Erschöpfung, maximale Aufmerksamkeit, keine Ablenkung, Tunnelblick, immer hellwach, fokussiert und hoch konzentriert – wer will das nicht sein?
Leider ist in unserem Studium Ritalin, der berühmte Vertreter des Wirkstoffes Methylphenidat, ein großes Thema. In der Schweiz und in den Staaten ist der Gebrauch wohl noch häufiger als in Deutschland. Weil mich die Dunkelziffer in Deutschland so interessiert hat, habe ich mich in Studi-Foren schlau gemacht, Fragen gestellt, Berichte gelesen und Infos gesammelt, die ich gerne mit euch teile.
Mit „Weckaminen“ zum Lernerfolg?
Mein erster Gedanke: Wie kommt man als Student an dieses rezeptpflichtige Medikament, wenn man nicht zufällig an einer Erkrankung leidet, die einer Therapie mit diesem Wirkstoff bedarf? Die erschreckenden Tipps und Tricks, auf die ich gestoßen bin, würde ich allerdings nicht so gerne veröffentlichen. Ich möchte nicht den Anschein erwecken, dass es so einfach und ungefährlich ist, dass es jeder mal ausprobieren könnte. Mein Pharmaprof berichtete letztens, dass man „Weckamine“ zu seiner Studentenzeit noch rezeptfrei in der Apotheke erwerben konnte und die Anfänger den Fehler machten, Methylphenidat nur während der Lernzeit einnahmen, kurz vor der Prüfung absetzten und in der Prüfung dann in ein Loch fielen, einschliefen oder zusammenbrachen.
Genau diese Schattenseiten möchte ich aufzeigen, denn die positiven Effekte klingen verlockend. Stell dir vor, du hast immer einen produktiven Lerntag, du kannst gar nicht aufhören, an Pausen müssen dich deine Kommilitonen erinnern, sonst würdest du sie vergessen, weil du so konzentriert bist. Während die anderen darüber klagen, dass es heute so gar nicht läuft, denkst du dir: „Nee, bei mir läuft es immer“, stimmst aber zu, damit niemand was merkt.
Wenn du Glück hast, sind die Nebenwirkungen bei dir gar nicht so schlimm. Aber jeder Körper reagiert anders auf verschiedene Stoffe und was ist mit der Zeit danach? Der Zeit ohne Ritalin? Die möglichen Nebenwirkungen sind gar nicht so ohne: Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Depressionen, verminderter Appetit, seelisches Ungleichgewicht, Aggression, Unruhe, Angst, Reizbarkeit, Schwindel, Herzrhythmusstörungen, Herzrasen, Herzklopfen, Bluthochdruck, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen.
Ich frage mich, ob es das wert ist und ob es nicht reichlich paradox ist, wenn wir als Medizinstudenten so leichtsinnig mit unserer Gesundheit umgehen? Laut der Zeitschrift Unicum ist der Wirkstoff Methylphenidat in Deutschland noch keine Massendroge. Mit Umfragen ist das ja immer so eine Sache: Wen erreicht man wirklich und wer antwortet ehrlich?
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das Zeugs nicht brauchen. Wir schaffen das auch so, dann braucht man halt für einige Sachen länger als sonst oder schreibt mal eine Klausur zum zweiten Mal. Nichts ist so schlimm, wie sich körperlich und geistig zu zerstören.
So klappt das Lernen effektiv
Das Medizinstudium ist vor allem eins: Fleißsache. In der Schule hat man anders gelernt, man ist nach der Schule heim, hat Hausaufgaben gemacht und für die Klausur schön aus dem Heft gelernt. Medizin studieren ist etwas anders: Du musst die richtigen Bücher finden und dann direkt aus dem Buch lernen. Ich habe letztens mal die ganzen Zusammenfassungen aus dem 1. und 2. Semester gestapelt. Ich habe ja so viel zusammengefasst, leider verschwendete Zeit. Meine Karteikarten sind nichts anderes als Staubfänger.
Nimm dir stattdessen lieber direkt das Buch, schau dir das Inhaltsverzeichnis an und dann fang an und lies. Erstmal Kapitel 1, dann überlegst du dir, was habe ich gelernt, was weiß ich jetzt (ohne irgendwelche Karteikarten etc.). Am nächsten Tag liest du wieder Kapitel 1 aus dem selben Buch und du merkst, wie viel hängen geblieben ist. Es ist ganz wichtig, dass du wiederholst, am besten direkt am folgenden Tag. Sonst passiert nämlich Folgendes: Dein Kopf denkt sich, „ja... da hab ich mal was von gehört, scheint aber nicht wichtig zu sein, weg damit“.
Das wäre schlecht. Denn das, was du im 1. Semester lernst, soll auch ins Langzeitgedächtnis, du brauchst es fürs Physikum. Das klingt vielleicht hart. Ich arbeite auch immer noch daran und erwische mich auch immer noch mit Karteikarten. Aber Hand aufs Herz: Wenn ich was zusammenfasse, dauert das eine Stunde, in der Zeit habe ich den Text mindestens vier Mal gelesen und weiß danach ganz sicher mehr.
Also: Vom Buch direkt in dein Gedächtnis. Keine Umwege über Karteikarten, Mandalas oder Zettelsammlungen.