„Hi, ich war heute bei meiner deutschen Apotheke, um meine Blutdruckkombibonschen abzuholen. Die Dame liest das Rezept, tippet [sic] lange und viel in ihr POS und meint dann, ich solle man [sic] Platz nehmen, sie müsse mit dem Lieferanten telefonieren.
Nach gefühlten Stunden kommt sie wieder raus und teilt mit, dass ihr Hauptlieferant kein Metoprolol 100 Stück 200 mg hat, ihr Nebenlieferant exakt eine Packung hat und die ich nun [sic] kriege. Ok, denke ich mir, Sterben erstmal verschieben.
Nun weiß ich, dass Metoprolol eines der Standards bei Bluthochdruck ist. Bei Wikipedia mal nachgeguckt, ja isses.
Öhm, nicht lieferbar? Ende des Monats, wo das [sic] erst begonnen hat?
Was machen die da? Und warum nicht einfach mit 2 x 100 mg ersetzen, 'n halbe 400er oder so?“
Auf Facebook ist das gerade im Moment ein Riesenthema unter den deutschen Apothekern. Dass etwas derartig häufig gebrauchtes in gar keiner Form mehr lieferbar ist. Du hast tatsächlich Glück gehabt, dass Deine Apotheke Dir noch etwas besorgen konnte:
Auch ohne ApothekeR fehlt Dir was hat darüber geschrieben: Luftnummer mit Metoprolol.
Anscheinend liegt das Problem in den Rabattverträgen. Die Krankenkassen vereinbaren diese mit den Firmen über einzelne Wirkstoffe, um zu sparen (keine Ahnung, was für Rabatte die da für sich aushandeln, die Apotheker bekommen davon gar nichts mit und haben auch nichts davon). Die anderen Firmen wissen dann häufig, dass sie nicht mehr so viel von dem Medikament absetzen werden/können und setzen entsprechend ihre Produktion herab. Die Gewinner-Firma sollte ihre Produktion so weit heraufsetzen, dass der Bedarf gedeckt ist – dazu verpflichtet sie sich in dem Rabattvertrag. Nur manchmal klappt das offenbar nicht.
Und am Ende steht der Patient da, der das Medikament braucht, bekommt es nirgends mehr her und ist dann sauer auf die Apotheke als Überbringer der schlechten Nachricht. Wobei ich Dir versichern kann, dass die Apotheker am wenigsten dafür können und (wie bei Dir) alles tun, um zu helfen.
Das mit dem Ersetzen scheint in Deutschland auch nicht ganz so einfach zu sein – auch hier wieder: den Krankenkassen sei Dank – denn da gibt es so etwas wie die Retaxation. Das bedeutet: Wenn Du als Apotheke nicht genau das Medikament (!) abgibst, was die Krankenkasse will (also das Präparat der Firma, mit der sie einen Vertrag haben) oder das Medikament in irgeneinder Form von dem auf dem Rezept abweicht (bei der Größe, Dosierung, Firma), dann kann die Krankenkasse am Ende das gesamte Geld (!), das die Apotheke für die Besorgung und Abgabe des Medikamentes bekommen hat, wieder zurückverlangen.
In Deinem konkreten Beispiel gibt es vielleicht das Metoprolol noch von einer anderen Firma – die Kasse zahlt aber nur das von der rabattierten Firma, oder vielleicht noch eine der drei sonst günstigsten. Wenn die Apotheke also noch irgendwo Metoprolol 200 finden sollte, dann muss bei einem Ersatz durch eine andere Firma dieser Vorgang auch immer ausführlich für die Kasse dokumentiert werden: Also die Tatsache, dass das Metoprolol 200 von der ursprünglichen Rabatt-Firma, oder ersatzweise einer der drei günstigsten anderen Firmen, lieferbar war.
Viele Firmen weigern sich dafür die nötigen Bescheide auszustellen, unter anderem weil dies ja auch der Beweis dafür wäre, dass sie nicht liefern können und das wäre wiederrum Vertragsbruch der Rabattverträge.
Dann könnte man natürlich das Salz wechseln, oder eben die Dosierung, nur muss wegen der Umstellung dann ein neues Rezept beim Arzt geholt werden. Wieder hängt man als Apotheker, der gerne helfen möchte (und vom wissenschaftlichen Standpunkt aus auch könnte: Mal ehrlich, es ist kein Problem einfach 2 x 100 mg statt 1x 200 mg zu nehmen) zwischen allen Fronten macht am Ende noch so einen Verlust, dass man es sich eigentlich nicht mehr leisten kann.
Bei uns in der Schweiz scheint einiges mehr an gesundem Menschenverstand zu regieren und es gibt keine derartigen Vorschriften. Bei uns wäre ein Ersatz einfach und unkompliziert möglich: einerseits durch ein Metoprolol von einer anderern Generikafirma (ohne den ganzen Papierkram), andererseits durch eine andere Dosierung und einen anderen Anwendungsrhythmus. Ohne Gefahr, dass wir das Geld für die geleistete Arbeit nicht bekommen.
Auf der anderern Seite gibt es bei uns aber auch viel weniger Generika und Firmen und gelegentlich gehen wieder Medikamente außer Handel, oder sind ewig nicht lieferbar, weil der Absatzmarkt in der Schweiz zu klein und offenbar unrentabel ist.