Phobien, also extreme Angst vor etwas zu haben, gibt es in unserem Alltag oft. Weit verbreitet sind zum Beispiel Phobien vor Spinnen, vor engen Räumen, vor Krankheiten und auch sehr oft vor dem Zahnarzt. Dies geht so weit, dass ein Zahnarzt, trotz massiven Problemen, jahrelang nicht aufgesucht wird.
In einer Umfrage der Techniker Krankenkasse haben 56 Prozent angegeben, keine Angst vor dem Zahnarzt zu haben. 25 Prozent haben nur vor großen Eingriffen Angst und 19 Prozent, also immerhin jeder Fünfte, hat extreme Angst vor dem Besuch beim Zahnarzt. Dabei ist Angst nicht gleich Phobie. Eine Angst beschreibt ein ungutes, unangenehmes Gefühl, bedeutet aber noch nicht, dass der Patient den Zahnarzt meidet. Erst wenn schon der Gedanke an den Mann in Weiß den Schweiß auf die Stirn treibt, die Hände zu zittern beginnen und man extrem nervös wird, spricht man von einer Phobie.
Grund einer Phobie nicht immer zu ermitteln
Meist liegt der Grund für einen Angstzustand weit in der Vergangenheit, bei den meisten sogar im Kindesalter. Und nicht selten kann man noch sagen, warum die Phobie überhaupt besteht. Viele Leidensgenossen haben das Erlebte verdrängt – im Unterbewusstsein ist es allerdings noch immer präsent. Das ist schließlich auch der Grund, warum man in Angstzustände verfällt, wenn man mit der jeweiligen Situation wieder konfrontiert wird. Da genügt schon allein der Gedanke an den Zahnarzt und die Hände beginnen zu zittern. Ganz besonders schlimm wird es, wenn man Probleme mit den Zähnen hat. Karies oder Parodontose, die schnell behandelt werden müssten, werden ignoriert. Selbst größere Schmerzen werden ausgehalten oder mit Medikamenten betäubt, nur um nicht zum Zahnarzt zu müssen.
Angst vor etwas zu haben ist ein natürlicher Instinkt. Wir haben Angst, wenn wir glauben, dass Gefahr droht. Das Gehirn sendet dann Botenstoffe aus, damit wir mehr Sauerstoff erhalten. Nun droht in den seltensten Fällen Gefahr vom Zahnarzt. Doch das muss es auch nicht, denn schon der Gedanke daran lässt die Erinnerungen an etwas bereits Erlebtes aufkommen. Hinzu kommen möglicherweise auch noch Horrorszenarien, die Freunde oder Verwandte berichten oder etwas, was man auf Fotos mal gesehen oder irgendwo gelesen hat.
In einer Umfrage wird deutlich, wovor die Deutschen die größten Ängste haben:
Behandlung
Sehr große oder große Angst
Geringe oder gar keine Angst
Wurzelspitzenresektion
67%
33%
Wurzelbehandlung
64%
36%
Zahnziehen
59%
41%
Bohren
50%
Karies- und Parodontosebehandlung
Spritzen, Narkose
32%
68%
Quelle: Toluna/statista.com
Die Dentalphobie besiegen
Menschen mit einer Zahnarztphobie bleiben mit ihrem Problem oft alleine. Sie trauen sich meist nicht, mit anderen darüber zu sprechen. Tun sie es doch, bekommen sie nicht selten Antworten wie „stell dich doch nicht so an“, „der tut dir doch nichts“ oder „daran ist noch keiner gestorben“. Sätze, die noch weiter verunsichern und die Patienten darin bestärken, mit niemandem darüber zu sprechen. Doch genau das ist wichtig. Wer eine Phobie hat, muss darüber sprechen, um sich helfen zu lassen. Mit der Angst alleine bleiben bewirkt genau das Gegenteil. Aus diesem Grund haben sich viele Zahnärzte bereits auf Angstpatienten spezialisiert, immer mehr Mediziner haben sogar eine zusätzliche psychologische Ausbildung.
Zu diesem Thema haben wir einen Experten von smart teeth aus Köln befragt.
· Warum hat fast jeder Fünfte Angst vor dem Zahnarzt?
„Neben traumatischen Erlebnissen, die bereits im Kindesalter stattgefunden haben können, haben Patienten beim Zahnarzt oft das Gefühl des Ausgeliefertseins. Wir Zahnärzte müssen uns bei der Behandlung über den Patienten beugen, was bereits viele als unangenehm empfinden. Auch haben Patienten im Zahnarztstuhl kaum eine Möglichkeit, schnell zu entkommen. Das müssen sie in der Regel auch nicht, doch schon allein das Gefühl genügt bei vielen, sich eben nicht in den Zahnarztstuhl zu setzen, geschweige denn, einen Termin mit uns zu vereinbaren. Wenn dann noch der Gedanke an die Instrumente dazukommt und die Tatsache, dass sie nicht sehen können, was wir im Mund tun, kehrt so mancher Patient uns Zahnärzten den Rücken.“
· Wie kann man Patienten animieren, dennoch zum Zahnarzt zu kommen?
„Wichtig ist, dass wir beim ersten Besuch den Patienten erst einmal kennenlernen. Dies geschieht in einem entspannten Gespräch und sollte auf keinen Fall im Zahnarztstuhl vonstattengehen. Kommunikation ist das A und O. In diesem Gespräch erklärt er uns seine Probleme und wir versuchen, ihm die Angst zu nehmen, indem wir ihm alles erklären. Dann folgt eine Untersuchung, damit wir uns ein Bild von den Zahnproblemen machen können. Erst danach entwickeln wir ein Therapieprogramm und vereinbaren einen neuen Termin. Das heißt, dass der Angstpatient beim ersten Besuch noch keine Behandlung über sich ergehen lassen muss. Er kann also ganz entspannt zu uns kommen und sollte uns in diesem Zuge auch gleich von seinen Ängsten berichten, damit wir entsprechende Methoden mit in den Therapieplan einfließen lassen können.“
· Welches sind die ersten Schritte, wenn Angstpatienten den Weg zum Zahnarzt gefunden haben?
„Das Gespräch ist der wichtigste Schritt. Der Patient soll erkennen, dass es nicht schlimm ist, Angst zu haben und dass diese Angst unbegründet ist. Er muss das Gefühl bekommen, dass er nicht allein ist. Wir tun alles dafür, dass die Behandlung so angenehm wie möglich stattfindet. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Behandlungen so zu gestalten, dass der Patient davon nichts bemerkt. Von Hypnose über Sedierung bis zur Vollnarkose.“
· Welche Tipps kann man Angstpatienten noch geben?
„Patienten können bereits im Alltag einiges dafür tun, dass die Angst vor dem Zahnarzt unterdrückt wird. Yoga, Akupunktur und Autogenes Training sind drei gute Möglichkeiten. Während der Behandlung können Musik und Videos für Entspannung und Ablenkung sorgen. Außerdem sollte jeder Zahnarzt mit dem Patienten Handzeichen ausmachen, damit dieser sich äußern kann, wenn er während der Behandlung etwas mitteilen möchte.“
Um eine Dentalphobie vorzubeugen raten Zahnärzte dazu, ein- bis zweimal im Jahr zum Kontrollbesuch zu kommen, also zu einem Besuch ohne Behandlung. So ist gewährleistet, dass größere Behandlungen weit weniger oft nötig sind. Das Vertrauen zum Zahnarzt muss dabei uneingeschränkt vorhanden sein. Alternativ gibt es aber auch Medikamente gegen Angststörungen und gegen Stress, Nervosität und innere Unruhe helfen.
Quelle:
alphaspirit – 271682225 / Shutterstock.com