Inhaber suchen verzweifelt nach Apothekern, PTAs oder PKAs. Dabei sei ein Teil ihres Problems hausgemacht, sagt Karin Wahl. Sie coacht Inhaber bei Themen rund um Marketing und Personal und rät Apothekenleitern zu nachhaltigen Strategien – und zu mehr Wertschätzung.
Vielen Inhabern gelingt es nicht, offene Stellen zu besetzen. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH). Sie befragten im Rahmen einer APOkix-Studie 220 Apothekenleiter nach ihren Meinungen. Sechs von zehn Chefs hatten im Sommer Probleme, Fachkräfte einzustellen. Mehr als 87 Prozent befürchten, dass es in Zukunft noch schwerer werden könnte, Personal zu finden. 64 Prozent gaben zu Protokoll, die Qualität von Bewerbern habe sich zunehmend verschlechtert. Und 59 Prozent rechnen auch hier mit einer Verschärfung. Vom EuGH-Urteil sprach damals noch niemand. Umso wichtiger werden neue Strategien. Besonders schwierig gestaltet sich die Suche nach Vollzeitkräften. Das ist kein Wunder: Viele Apothekerinnen, PTA oder PKA bewerben sich gezielt für Teilzeitstellen. Quelle: IFH Köln
Karin Wahl, Apothekerin und Coach. Foto: privat Gegenüber DocCheck erläutert Karin Wahl einige Möglichkeiten. Die Apothekerin coacht Inhaber bei Themen rund um Marketing und Personal. „Wir müssen als Arbeitgeber attraktiver werden und für den Apotheker- und PTA-Beruf stärker werben“, fasst Wahl die wichtigsten Punkte zusammen. Das beginnt bereits mit Praktika für alle Schulformen, um ehrliche Einblicke zu geben und um den Spaß am Beruf zu vermitteln. Zur Akquise bietet sich nicht nur die eigene Homepage an. Wer langfristig Kontakte zu Schulen oder Hochschulen knüpft, wird regelmäßig Praktikanten oder Pharmazeuten im praktischen Jahr finden. Akademische Ausbildungsapotheken, ein Konzept aus Baden-Württemberg, gelten bei Studierenden als besonders attraktiv. Die Zertifizierung ist nicht bundesweit möglich. Entsprechende Rahmenbedingungen lassen sich aber auf freiwilliger Basis umsetzen. Wahl rät, jeder Jugendliche solle einen Tutor zur individuellen Betreuung, klare Aufgaben und eine feste Zeiteinteilung erhalten. Entpuppen sich Praktikanten als fähig und interessiert, sollten Betreuer den Kontakt bis zum Ausbildungsende nicht abreißen lassen. Mittelfristig entsteht ein Kernteam, das wirklich zur Apotheke passt. Selbst herangezogener Nachwuchs sei meist besonders loyal und passe gut zu den Besonderheiten der Apotheke, weiß Karin Wahl.
Wer kurzfristig neue Mitarbeiter benötigt, wird mit Einzeilern in der Fachpresse („Lebhafte Apotheke sucht PTA in Vollzeit oder Teilzeit“, „Der Klapperstorch hat zugeschlagen“) keinen Blumentopf gewinnen. Suchen Fachkräfte heute einen Job, nehmen sie Arbeitgeber gründlich unter die Lupe, vergleichen Konditionen oder informieren sich über soziale Netzwerke. Annoncen mit mehr inhaltlichem Tiefgang sind die bessere Entscheidung. Im besten Falle folgt der Kontakt zur Chefin oder zum Chef. „Sollten Bewerbungsgespräche erfolgreich sein, müssen sie mehr auf Augenhöhe geführt werden“, so Karin Wahl. Sie rät Vorgesetzten, zumindest „einen Teil ihrer Dominanz und Hausmacht“ aufzugeben. Das bedeutet auch, zu akzeptieren, dass sich die Arbeitswelt gewandelt hat.
Die „Generation Y“ mit Geburtsjahren zwischen 1980 und 1999 will ihr Leben nicht bedingungslos dem Beruf unterordnen. Geld oder Karriere sind wichtige Teilaspekte, nicht mehr und nicht weniger. Man wünscht sich sinnstiftende Berufe, aber auch Freiräume für Familie, Freizeit und Freunde. Junge Akademiker wollen ihr Umfeld selbst gestalten. Sie wollen eigene Ideen einbringen. Dem stünden Inhaber mit „patriarchalischem, zuweilen sogar autoritärem Weltbild“ gegenüber, so Karin Wahl. Sie empfiehlt, Mitarbeitern je nach persönlichem Können mehr Kompetenzen zu übertragen. Bestenfalls gebe es „unternehmerisch denkende Mitarbeiter“, die Entscheidungen im Sinne der Apotheke träfen. Apothekenleiter sind in der Pflicht, den Handlungsspielraum genau zu definieren. Genau hier kann es schnell Probleme geben.
Chefs hätten zwar eine gute akademische Ausbildung. „Ihre Führungs- und Managementqualitäten sind aber überschaubar“, sagt die Beraterin. Oft gelten Angestellte nur als Kostenfaktor, an ihnen wird um jeden Preis gespart. Karin Wahl rät genau zum Gegenteil, nämlich in Personal zu investieren. Mitarbeitergespräche eignen sich als Führungsinstrument, um neue Potenziale zu erschließen: Wo liegen Stärken oder Schwächen, und welche Fortbildungen sind für beide Seiten sinnvoll? Ist das Gehalt noch angemessen oder zahlen Konkurrenten deutlich besser? Mit Zielvereinbarungen lassen sich Ergebnisse des Mitarbeitergesprächs nicht nur festhalten, sondern in Form der leistungsorientierten Bezahlung umsetzen. Noch ein Blick auf die Rahmenbedingungen: Während Singles in Vollzeit arbeiten möchten, suchen gerade junge Mütter Teilzeitstellen. Reagiert der Inhaber nicht flexibel genug, suchen sie ihr Glück bei einem anderen Chef. Absolute Gleichbehandlung führe nie zum Ziel. Wahl: „Die Kunst einer Führungskraft besteht darin, ihre Mitarbeiter genau zu kennen und individuell zu fördern.“