Da war ich also wieder mal so ein Dienstarzt und in meiner Tasche steckte glorreich ein Notfallpiepser. Der Notfallpiepser bricht in ohrenbetäubendes Piepsen aus, sobald irgendwo in der Klinik ein lebensbedrohlicher Notfall vorfällt und einer der Involvierten gleich einer Reanimation bedarf. Vermutlich.
Manchmal ist es nämlich nur ein Kommunikationszentralenherr, der die korrekte Funktion des Piepsakts überprüft. Alle Piepserbesitzer begeben sich im Rahmen des Piepsgeschehens dann sofort zum Notfallgeschehen und führen wichtige Notfallhandlungen aus.
Egal, ich trug also diesen Piepser und weil in so einem Krankenhaus jetzt nicht dauernd jemand stirbt, piepst dieser auch fast nie. Dann ging ich irgendwann mal aufs Klo, weil ich da schon länger nicht mehr gewesen war.
Während meines Kloaufenthaltes klingelte dann auch gleich das Telefon. Nun erwartete ich auch tatsächlich einen sehr wichtigen Anruf vom Labor. Deswegen drückte ich „Anruf annehmen“ und es überfiel mich statt des Labors Frau Miederfanns Sohn, der mehr Details zum Gesundheitszustand seiner Mutter in Erfahrungen bringen wollte und leider ein unverbesserlicher öh ... hm ... also wenn andere Leute „Hallo“ sagen, dann sagte Herr Miederfann mindestens:
„Und einen schönen guten Tag wünsche ich Ihnen hiermit an diesem Tag heute und hier, der wirklich gut ist dieser Tag, finden Sie nicht auch? Auf jeden Fall begrüße ich sie hiermit und nun ...“
Ich versuchte Herrn Miederfann klarzumachen, dass es jetzt echt unpassend sei und ich später zurückrufen würde, was in einer Unterhaltung ähnlich dieser hier resultierte:
„Das ist jetzt sehr ein schlechter Zeitpunkt. Ich ...“
„Ah, jaja, verstehe, Frau Zorgcooperations. Da haben Sie sicher sehr viel zu tun. Heute ist es ja auch so heiß draußen. Da gibt es sicher viele Kranke. Ja, da müssen Sie sicher viel tun und ich will Sie dabei gar nicht behindern. Nein, ich bewundere was die Ärzte heutzutage so leisten!“
„Vielen Dank, Herr Miederfann. Da würde ich Sie später zurückrufe ...“
„Das ist aber nett von Ihnen, Frau Zorgcooperations. Ich muss wirklich wissen, wie es meiner Mutter geht. Sie hat diese Arthrose schon so lange. Wir wissen gar nicht, was wir machen sollen. Früher hat sie ja noch Sport gemacht und ist immer zur Frauengymnastik gegangen. Aber jetzt, wo auch noch ihre Katze Fifi gestorben ist ...“
Ich überlegte, ob es sehr unhöflich wäre, nun einfach aufzulegen und versuchte gleichzeitig, meine Hose anzuziehen, ohne das Telefon ins Klo zu werfen, welches wackelig zwischen meinem Ohr und der Schulter klemmte.
„PIEP! PIEP! PIEP!“, erklang da mein Notfallpiepser.
„Oh, ein Notfall. Jetzt muss ich wirklich aufhören.“
„Ahhh, ein Notfall. Da möchte ich Sie natürlich nicht aufhalten. Das ist sicher sehr wichtig. Meine Mutter ...“
Hier sagte ich verzweifelt ganz schnell: „Tschüss, Herr Miederfann“, legte auf, warf Desinfektionsmittel über meine Hände und das Telefon und begab mich unauffällig zum Notfallort.
Zum Blog