Wir hatten uns bereits Gedanken gemacht. Ende März war vergleichsweise weniger Kundschaft bei uns als sonst. Was ich überhaupt nicht auf dem Schirm hatte: das Quartalsende – und der unausweichlich damit verbundene Ärger.
Offenbar hatten sämtliche umliegende Ärzte entweder geschlossen oder weniger Patienten zu sich gebeten. Denn seit Anfang April ist – oh Wunder – frequenzmäßig wieder alles im grünen Bereich.
Irgendwie empfinde ich es als unsinnig, diesen Quartalsverschreibungs-Blödsinn. Außerdem nervt dabei besonders die Angewohnheit mancher Ärzte, am Ende des Quartals nur kleine Packungsgrößen zu verordnen. Selbst wenn es sich um ein Medikament handelt, das der Patient immer und ständig einnehmen muss, es werden keine Ausnahmen gemacht.
Ein Beispiel? Frau Meier bekommt immer Ramipril (100 Stück für ca. 14€ / 5€ Rezeptgebühren) gegen ihren hohen Blutdruck. Die hat sie sich im Januar geholt, also gehen sie langsam zur Neige. Da Frau Meier ihrer Schwester Anfang April einen dreiwöchigen Besuch abstatten möchte, würden ihre Tabletten mitten im Urlaub aufgebraucht sein. Also begibt sie sich in der letzten Märzwoche zum Hausarzt ihres Vertrauens um sich eine frische Packung aufschreiben zu lassen.
Hauptsache nicht unbeliebt machen
Was sie nicht bedacht hat: Sie hat im Januar doch bereits eine Großpackung erhalten! Schreibt der Arzt ihr nun innerhalb desselben Quartals eine zweite davon auf, bekommt er Ärger mit Frau Meiers Krankenkasse. Also schreibt die nette MFA am Tresen (die zu Weihnachten von ihr eine Schachtel Pralinen bekam) ihr stillschweigend eine N1 Packung (20 Stück für ca. 12€ / 5€ Zuzahlung) auf. Gesagt wird dazu natürlich nichts, um sich nicht unbeliebt zu machen (man erwartet ja jetzt zu Ostern auch noch die Schachtel "Merci").
Das können dann gerne die Deppen in der Apotheke erklären – die haben ja auch mehr Zeit... Frau Meier regt sich natürlich dort dann auf. Also rufen wir in der Praxis an, aus welchem Grund nur die N1 Größe verordnet wurde und müssen das dann unserer erbosten Kundin erklären. Trotz mitgegebener "Seniorenbravo" kommt sich Frau Meier über den Tisch gezogen vor. Waren ja wieder die gierigen Apotheker, die ihr die 20 Tabletten zum gleichen Preis wie die 100 Tabletten verkauft haben!
Der Bote muss es ausbaden
Schuld ist ja wie immer der Bote der schlechten Nachricht, also wir. Das Gleiche gilt übrigens für Augentropfen. Der Dreierpack Azelastin zum Beispiel hat für drei Monate zu reichen. Ist der Patient nun alt und zittrig und verbraucht daher den ein- oder anderen Tropfen mehr, hat er eben Pech gehabt. Auf eigene Kosten gibt es da maximal noch ein Privatrezept für eine Einzelflasche zum selbst bezahlen. Manchmal ist das System unmenschlich.