„Und, in welche Fachrichtung willst du später gehen?“ - Keine Frage hört ein Medizinstudent häufiger. Wenige Kommilitonen können darauf wie aus der Pistole geschossen antworten. Ich fühle mich regelmäßig wie ein Schulkind, das nach seinem Lieblingswein gefragt wird.
Der letzte Tag meiner Famulatur ist gewuppt, die Zeit rückblickend dann irgendwie doch schnell verflogen. Zugegeben hatte der Monat zwischendurch auch seine Längen. Ab und an hab ich mich gefragt, ob 30 Tage Anästhesie ein bisschen zu viel sind. Aber besonders die letzte Woche war großartig, auf die hätte ich nicht verzichten wollen. Es braucht einfach eine kleine Weile, bis sich die Leute an die Anwesenheit gewöhnt haben und einen etwas besser kennen.
Abschließend wurde mir mehrfach die Frage gestellt: „Und, sehen wir dich wieder? Ist die Anästhesie was für dich?“ Tja, I don’t know - ist die Anästhesie was für mich? Als Ort für eine Famulatur hab ich Vor- und Nachteile verglichen und ziehe eine positive Bilanz:
Die Vorteile
Um Langeweile während der Eingriffe zu vermeiden, hing ich mit meiner Nase größtenteils über der Abdeckung zur sterilen Seite. Bei fast jeder OP fand sich jemand, der sich zu der Erkrankung, dem Eingriff, den Risiken oder der Nachbehandlung löchern ließ. So konnte ich zusätzlich zur Anästhesie gleichzeitig in die Gynäkologie, HNO, allgemeine Chirurgie und Orthopädie reinschnuppern. Meine Berufung ist mir dabei noch nicht begegnet. Immerhin kann ich aber schon ein paar Sachen ausschließen. Während ich den Gynäkologie-OP erstaunlich spannend fand, hat mich die Orthopädie fast zu Tode gelangweilt.
Da man in der Anästhesie als Famulus praktisch nichts unbeaufsichtigt machen darf, wird man auch nicht für stupide Arbeiten „abgestellt“. Den ganzen Tag hat man mindestens einen Arzt in der Nähe, der meist auch Zeit hat. Wenn er dazu noch motiviert ist, sein Wissen zu teilen: Jackpot! Optimale Bedingungen für intensive Lehre!
Die Nachteile
Gerne hätte ich mich bei motivierten Ärzten und Pflegern dadurch revanchiert, ihnen etwas Arbeit abzunehmen. Leider ist das in dieser Fachrichtung praktisch nicht möglich. Facharzt Christoph brachte meine Beobachtung ganz gut auf den Punkt: „Von der Famulatur in der Anästhesie profitiert nur der Famulus selbst.“ Am Anfang stört er den Ablauf, mit etwas Übung ist er irgendwann immerhin nur noch überflüssig. Hierbei die Motivation zu behalten ist gar nicht so leicht!
In allen Sälen wiederholen sich bestimmte Eingriffe, oft mehrmals täglich. Egal wie spannend die OP ist, kommt beim x-ten Mal irgendwann Langeweile auf. Früher oder später sitzt man doch mal gelangweilt in der Ecke und zählt die Minuten bis zur nächsten Einleitung – oder bis zum Feierabend.
Und jetzt ...?
Mit meiner ersten Famulatur-Bescheinigung in der Hand wandere ich nach Hause. Es stellt sich die Frage: Wie geht es denn hiernach weiter? Die Anästhesie hab ich vor allem ausgesucht, weil ich mich mit frischem Physio- und Pharma-Wissen gut vorbereitet gefühlt habe. Der Plan ging auf – Vieles hat sich hier sehr anschaulich eingebrannt. In der Uni erwartet mich jetzt aber ein Semester mit Genetik, Informatik, Patho und Statistik. Das bringt mich in Sachen Famulatur nicht weiter.
Wohin mit mir?
In meinem Kopf finden sich dazu viele Fragezeichen. Im Wald der vielen Fachrichtungen gibt’s einfach zu viele schöne Bäume. Wie wähle ich den nächsten Ort für meine Famulatur? Steril am OP-Tisch zu stehen reizt mich nicht – da fällt ja schon ein bisschen was weg. Aber gibt es Fachrichtungen, die sich besonders gut für eine Famulatur eignen? Liebe Blogleser, was waren eure besten Erfahrungen? Habt ihr Tipps für mich?