Wenn es um Substanzen geht, die abhängig machen, schauen wir ganz genau, was auf dem Rezept steht. Ganz genau sind die Hinweise da nämlich häufig nicht. Angaben zu Dosierungen und Einnahmedauer überschreiten jene in der Packungsbeilage oft deutlich.
Wir haben in der Apotheke häufiger mit abhängigen Personen zu tun. Ich möchte hier nicht auf die Ursachen eingehen. Nur eines möchte ich vielleicht an der Stelle wieder einmal sagen: Die Personen, die abhängig werden, sind nicht ausschließlich selber schuld. Die Problematik fängt bei den Substanzen selber an. Die (stark) wirksamen Beruhigungs- und Schlafmittel machen abhängig. Ziemlich schnell.
Nicht umsonst steht in der Packungsbeilage:
In der Fachinformation steht das sehr ausführlich geschrieben. Ebenso steht drin, dass man die Dosis nicht steigern sollte, bei längerer Anwendung eine regelmäßige Neubeurteilung stattfinden soll und auch, dass es wegen der Entzugserscheinungen nicht plötzlich abgesetzt werden soll.
Packungsbeilage vs. Rezept
Mehr als genug Warnungen sollte man denken. Dennoch sind bei mir in der Apotheke (Durchschnittsgröße würde ich meinen, Quartierapotheke in einer Stadt) mehr Rezepte für Zolpidem und andere Schlaf- und Beruhigungsmittel als Dauerrezept ausgestellt als einfache Rezepte. Und die sind dann gleich für 6 Monate ausgestellt – viele Ärzte schreiben gar für 12 Monate drauf, aber das ist wegen der gesetzlichen Einschränkung nicht möglich, weshalb ich immer auf die maximal zugelassenen 6 Monate reduziere. Dann „muss“ der Arzt ein neues Rezept ausstellen. Und ich habe die Hoffnung, dass er den Patienten dann auch wieder ansieht, auch wenn das häufig nicht der Fall ist.
Polizist wider Willen
Ansonsten ist es so, dass uns in der Apotheke da eine „Polizeifunktion“ aufgedrängt wurde, die ich wirklich nicht gerne übernehme, aber es bleibt mir nichts anderes übrig. Da der Arzt oft nicht eingfreift, indem er den Patienten regelmäßig für eine Neuverschreibung des Schlaf- oder Beruhigungsmittels zu sich bestellt, muss ich in der Apotheke schauen, dass der Patient sein Mittel bekommt UND es richtig nimmt. In dem Fall: nicht zu häufig und nicht zu viel.
Nicht erleichtert wird mir das, wenn der Arzt dann nicht mal auf das Rezept schreibt, wie die Dosierung sein soll – auch das in offensichtlichem Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben. Ich löse das inzwischen so, dass ich die laut Packungsbeilage vorgeschriebene Maximaldosierung annehme. Bezüge, die darunter fallen sind okay, wenn es darüber geht, wird dementsprechend reagiert.
Wir reagieren mit einem Stufenplan, der über die Jahre erarbeitet und getestet wurde. (vielleicht macht Ihr das anders in eurer Apotheke? Wenn ja, würde mich interessieren, wie.)
Erklären, warum der Patient das Rezept nicht kriegt – der Stufenplan
Es könnte einfach sein, ist es aber noch nicht
Man kann sich vorstellen, wie unangenehm das für uns ist und wie nervig das für den Patienten wird. Mir persönlich wäre es da ja lieb, wenn da wirklich einmal durch ein Verbot durchgesetzt würde, dass bei diesen Medikamenten nicht mehr als die 4 Wochen verschrieben werden drüfen – und dass jedes Mal ein neues Rezept ausgestellt werden muss.
Vielleicht würden dann die Ärzte auch merken, was sie da mit diesen Verschreibungen teils „anrichten“. So bekommen sie das im Idealfall (für sie) nur alle 6 Monate mit, wenn sie einen Telefonanruf vom Patienten bekommen, der um ein Dauerrezept per Fax bittet, das der Arzt in die Apotheke schicken soll.
Oft haben wir auch jemanden hier, der die obigen Stufen schon alle durchhat und dann von uns aus erbost in der Praxis anruft, weil die böse Apothekerin ihm das Medikament verweigert. Ich weiß nicht, was Patienten dem Arzt in solchen Fällen sonst noch erzählen, aber mir persönlich reicht, was ich sie in diesen Situationen bei uns sagen höre. Dazu folgen zwei Beispiele, die ich morgen und übermorgen bringe.