Geburtsvorbereitungskurs. Zu Beginn meines Medizinerdaseins wollte ich mal Gynäkologin werden. Habe ich nach einigen Monaten abgeschlossen das Thema. Immer nachts das Ganze. Zu viel Geschrei im Kreissaal, zu viele Füße, auf die man aufpassen muss. Vor allem auf die der Hebammen.
Und dann die vielen Frauen als Kolleginnen. Ohje. Nicht passend für mich als Unfallchirurgin. Meine direkte Art ist da nicht gerade hilfreich.
Jetzt auch nicht. Also im Geburtsvorbereitungskurs. Da sitze ich nämlich mit meinem ultra riesigen Bauch, zusammen mit neun anderen werdenen Müttern und den passenden werdenden Vätern. Die Hebamme erzählt gerade was von Entspannungsübungen und hilfreichen Ablenkungsmanöveren, um die Wehen besser zu ertragen. Dinge, bei denen die Partner unterstützen können. Massage, Musik, Kügelchen, Atmung und Co.
Entspannte Stimmung vor dem Welnessurlaub
Ich komme mir vor wie im falschen Film. Erzählt die gerade was von Geburten oder von einem Wellnessaufenthalt? Die redet schon von den Geburten, bei denen das Baby auch geboren wird, oder? Das mit den Schmerzen und den Wehen und dem Blut usw.? Aber vielleicht ist es ja ganz gut, wenn die meisten Frauen hier nicht wissen, auf was sie sich einlassen. Endlich ist sie beim Stichwort Schmerzmittel angelangt.
Eine Frau will alles zum Thema PDA wissen. Vor- und Nachteile werden erläutert. Die Hebamme ist gut. Keine Wertung, keine Beurteilung, reine Fakten. Alle werdenden Mütter nicken, haben verstanden, überlegen. Trotz Schwangerschaftshormonen sind alle Frauen ziemlich gelassen hier. Ist ja auch kein Wunder, wenn man sich auf einen Wellnessaufenthalt freuen kann. So langsam wird es mir etwas zu bunt und rosig.
„Also, meine Frau will keine PDA“
Aber nein ... Da ist ja noch der werdende Vater Uli. Auf ihn ist Verlass. Mit stolz geschwellter Brust verkündet er: „Also, das mit der PDA kommt für uns nicht in Frage, nicht wahr, Karla?“ Werdende Mutter Karla läuft rot an. „Naja, also, es gibt ja schon auch Komplikationen, deswegen waren wir uns jetzt nicht so sicher.“
„Nein, nein. Karla, wir waren uns schon sicher. Das mit der PDA kommt nicht in Frage. Du hast ja gerade wieder gehört, welche Komplikationen es dabei geben kann. Das bisschen Schmerzen kann man schon aushalten. Es sind ja nur Schmerzen. Und die gehen ja wieder vorbei. Also nein, das diskutieren wir nicht noch einmal.“
Ein paar ehrliche Wort zum Schluss
Ich schüttle den Kopf ungläubig von einer zur anderen Seite. Ich kämpfe mit mir, versuche, meine Meinung für mich zu behalten. Mein Mann ist schneller: „Man(n) kann gar nichts aushalten. Das muss schon frau machen. Oder, wann hast du das letzte Mal ein Kind zur Welt gebracht, Uli?“ Es gibt angespanntes Gelächter als Antwort. Die Hebamme beschließt, noch ein paar ehrlichere Worte zu den Geburten zu sagen. Keine Horrorstorys, aber doch etwas näher an der Wahrheit. Mut machen, die Frauen unterstützen, die richtige Entscheidung für ihre Situation zu treffen. Wohlgemerkt die Frauen.
Eins weiß ich auf jeden Fall jetzt schon. Eines der ersten pädagogischen Prinzipien, die ich meinem Kind beibrigen werde, lautet „Mein Körper gehört mir. Und ICH entscheide, was mit meinem Körper passiert.“ Ich hoffe, Karla tut das auch.