Best of Blogs | Print lebt! Zumindest bei uns. Man kann die Dimensionen des Hypes um die Apotheken Umschau wirklich nicht einmal ansatzweise erahnen, wenn man nicht bereits Zeuge dieses Spektakels wurde.
Mich gruselt es schon immer, wenn der Run auf die Umschau beginnt. Es fängt meist schon ein paar Tage vor dem Erscheinen an, dass die Kunden nach der neuen Umschau fragen. Ach nein, sie fragen ja nach der „Rentnerbravo“, der „Rätselzeitung“ oder dem „Fernsehprogramm“. Und immer wieder vertrösten wir sie auf den 1. bzw. den 15., denn wir geben sie erst an diesen Tagen raus – das ist schon immer so und wird sich auch nicht ändern.
Völlig enthemmte Kunden
Und dann ist es so weit. Der Run beginnt. Da gibt es die Kunden, die sich artig in die Schlange stellen und darauf warten, dran zu kommen, um sich die Zeitung mitnehmen zu dürfen. Sie fragen auch ganz nett. Das ist schon okay, so kann ich das ja auch hin nehmen. Aber die, die sich an allen vorbei drängeln. Egal, ob man gerade ein Kundengespräch hat oder nicht. Egal, ob da schon Medikamente auf dem Stapel Zeitungen liegen (bei uns liegt immer nur ein Stapel an einer Kasse und das wissen natürlich schon alle).
„Ich will ja nur mein Fernsehprogramm“
Und ebenso egal, ob man gerade ein Kundengespräch hat – soviel zur Diskretion – das Schild mit dem Hinweis auf Diskretion wird dann auch mal beiseite geschoben. Oder es wird sich daran vorbei gedrängelt – meist mit den Worten: „Ich will ja nur MEINE Zeitung/ Fernsehprogramm/ und und und“.
Ich finde das wie immer unmöglich, aber der Kunde ist ja König. Aber manchmal, da reicht es mir dann doch, nur selten, aber manchmal schon. Da kommt ein Kunde rein und sagt „Ich will ja nur das Fernsehprogramm!“, darauf ich: „Oh, das tut mir leid, das habe ich nicht, aber eine Apotheken Umschau könnte ich Ihnen anbieten.“ Darauf dann der Kunde: „Sie haben wohl einen Clown gefrühstückt, die meine ich doch.“ Dazu ist mir dann auch noch eine Menge eingefallen, was ich dann aber besser für mich behalten habe.
Sinnlose Verhandlungsgespräche
Witzig ist auch, dass es einige Kunden wirklich jeden Monat auf ein Neues versuchen, uns die Zeitung vor dem 1. oder 15. aus dem Kreuz zu leiern. Komischerweise immer die gleichen, die dann auch immer die gleichen Antworten bekommen. Toppen lässt sich das dann noch, wenn die Erscheinung der Zeitung mit dem Quartalswechsel zusammen fällt. Dann wollen sie nicht nur die Zeitung vorher, sondern auch noch ihre ach so plötzlich ausgegangenen Medikamente vorab, weil der böse Doktor ja so plötzlich am Ende des Quartals die Praxis einfach zu macht – bestimmt, damit er sein Budget nicht über die Masse strapaziert, so zum Ende des Quartals – nicht etwa, damit er die Abrechnung machen kann – wäre ja zu simpel, sowas.
„Sie wollen mir also nicht helfen.“
Und dann die immer wieder gleiche Antwort „Es tut mir Leid, aber dafür brauche ich ein Rezept“, um dann die meist auch leicht ausfällige Antwort zu bekommen „Stellen Sie sich doch nicht so an. Sie wissen doch, dass ich das IMMER bekomme und ich reiche das Rezept ja schließlich nach!“.
Daraufhin ich dann: „Ich mache mich aber strafbar, wenn ich Ihnen das so mitgebe!“ Um dann die Antwort zu bekommen „Erzählen Sie mir doch nichts. Sie wollen mir einfach nicht helfen! Aber die Umschau kann ich doch schon haben, oder machen Sie sich damit auch strafbar?“.
Daraufhin ich dann wieder: „Nein strafbar nicht, aber ich habe die Umschau wie immer erst am 1. bzw. 15. und vorher gibt es diese wie jeden Monat auch nicht!“. Dann die Kunden: „Sie wollen mir also nicht helfen. Auch gut, dann gehe ich halt in Zukunft in die andere Apotheke!“ Das tun sie dann aber auch nicht, denn da ist es nicht anders als bei uns – jeden Monat das gleiche!
Am Jahresende eskaliert es dann völlig
Aber auch das lässt sich um den 1. Dezember noch steigern. Denn da gibt es auch noch die Kalender. Wir haben da die Wand- und Taschenkalender. Jeweils in 3 oder 4 Ausführungen. Aber nicht, dass das reichen würde – nein, wir erdreisten uns in jedem Jahr dazu, einfach nicht genug Auswahl zu haben.
Und wie jedes Jahr gibt es auch hier die ganz Unverschämten, die sich an allen „richtigen Kunden“ vorbei drängeln und dann mitten in ein Verkaufgespräch hinein platzen mit den Worten „Ich will ja nur die Fernsehzeitung und wenn Sie so lieb sind, je einen von den Wandkalendern und zwei Taschenkalender – gleich für meinen Mann und die Nachbarin mit!“ Was machen die damit? Zu Weihnachten verschenken? Die Wohnung tapezieren? Ehrlich, soviele Kalender kann sich doch keiner irgendwo hin hängen, oder?
Ob sich das jemals ändern wird? Wir verwöhnen unsere Kunden einfach zu sehr. Ob sie das in der Internet-Apotheke auch so machen? Oder ob der Service auf die niedergelassenen Apotheken beschränkt ist?