Zur Kommunikation sind einige Funktionen des Körpers wesentlich. Und ich meine hier nicht unsere Finger, die wir zum Verfassen einer Kurznachricht auf dem Smartphone brauchen. Als Vertreter der Fünf-Loch-Heilkunde habe ich heute die Stimme im Sinn.
Als Spezialist und Facharzt bin ich für Gesundheitsfragen zuständig, die der Hausarzt nicht mehr beantworten kann. Das Symptom Heiserkeit ist da ein Paradebeispiel.
Wer hatte nicht schon mal eine wie auch immer geartete Veränderung der Stimme? In welchen Fällen ist es sinnvoll, eine Laryngoskopie eventuell sogar mit Lupe oder flexiblem Endoskop durchführen zu lassen?
Der einfache Fall
„Herr Doktor, ich habe seit zwei Tagen Fieber, Husten, Halsweh und meine Stimme ist weg! Was kann das sein?“
Jedem zumindest andeutungsweise an Medizin Interessierten sollte die Antwort spontan einfallen: Das ist dann wohl ein Infekt. Die Wahrscheinlichkeit eines bösartigen Tumors mit rasch eintretendem Siechtum und baldigem Tod ist doch sehr unwahrscheinlich. Auch eine akut-logopädische Behandlung ist hier nicht sinnvoll.
Genau hinsehen
„Herr Doktor, ich habe seit fünf Monaten keine richtige Stimme mehr und jetzt kommt auch etwas Luftnot dazu, wenn ich Treppen steige. Ich habe schon abgenommen und ich pfeife so beim Atmen. Der Hausarzt hat mich abgehört, aber nichts gefunden. Die Kügelchen der Heilpraktikerin helfen auch nicht.“
In diesem Fall sollte man schon annehmen, dass hier ein Krankheitsbild vorliegt, das wohl nicht der patientenfreundlichen Regel „Was von allein kommt, geht auch von alleine“ folgt.
Soweit zwei eindeutige Beispiele.
Ein wenig Statistik
Wenn man die Ursachen für Heiserkeit in Zahlen fassen möchte, kommt man auf:
Sehr selten ist die Heiserkeit auf Manifestationen internistischer Erkrankungen des Larynx zurückzuführen.
Es kann jeden treffen
Vor einem Monat stellte sich die Mutter eines Kollegen aus der nächsten Großstadt vor. Heiserkeit seit drei Wochen, 71 Jahre alt. Während ich die Anamnese machte und mit der Untersuchung begann, legte ich mir schon die passenden Worte zurecht, die ich in derartigen Fällen zu 99 % benötige: keine Sorge, inkompletter Stimmlippenschluß, Internusschwäche, zunehmende Atrophie des Musculus vocalis, jeder leichte Infekt oder Schleimhautreizung bewirkt sofort Heiserkeit, Seniorenstimme etc.
Aber schon mit der indirekten Laryngoskopie, dann mit der Lupenlaryngoskopie bestätigt, sah ich ein stehendes Stimmband links in Paramedianstellung. Keine Bewegung. Immer wieder Phonation, Respiration. Nur die rechte Seite arbeitete und versuchte schon selbst, die Einschränkung zu kompensieren.
Wann denn nun zum HNO- Arzt zur Laryngoskopie
Damit nicht nur nach Intuition überwiesen wird, hier einige klare Co-Faktoren, die einen verantwortungsvollen Arzt zu einer Überweisung zum HNO-Arzt veranlassen sollten:
Wie es in meinem Fall weiter ging
Gefasst nahm die ältere Dame den Befund auf. Ich sagte ihr, wir müssten nun auf die Suche nach einer Ursache gehen. Im Prinzip ist hier ein Nerv verantwortlich, der den gesamten Hals entlang läuft, sich einmal im Bereich des oberen Brustkorbes um ein Gefäß schlingt, um dann am Rande der Luftröhre direkt neben der Schilddrüse in den Kehlkopf zu ziehen: der Nervus recurrens. Die Ursache der Schädigung ist also vielerorts möglich.
Ich gab ihr eine Überweisung zum Radiologen mit, der eine Schichtaufnahme von der Schädelbasis bis zum oberen Brustkorp anfertigen sollte.
Dann ging alles sehr schnell. Nach drei Tagen bekam ich den Befund per Post zugesandt. Als ich die Patientin anrief, berichtete sie mir schon, dass sie einen Termin in einer Spezialklinik ausgemacht hätte. Sie hatte tatsächlich ein Schilddrüsenmalignom, das den besagten Nerv geschädigt hatte, kein gutes Zeichen.
Ich kann sie hoffentlich nach erfolgreicher Therapie bald weiter betreuen.