Manche Kunden deuten unsere Freundlichkeit falsch und nehmen sie als Signale der Zuneigung wahr. Diese Kunden mutieren dann zu Verehrern. Oft schmeichelt einem das. Aber es gibt auch unheimliche Wesen, die einen abends zum Auto begleiten möchten.
Der (ungewollte) Verehrer ist ein besonders unangenehmer Kundentyp, der bestimmt auch in jeder Apotheke einmal vorkommt. Dafür ist die Struktur quasi ausgelegt und es ist nur eine Frage der Zeit, bis einer auftaucht – wie bei einem Picknick im Sommer die Wespen oder Ameisen.
Wir sind eben immer nett – zu jedem
In der normalen Vorstadtapotheke arbeiten üblicherweise maximal 5-6 Frauen im HV, sodass die „Angebetete“ also wenigstens kurz zu sehen ist, wenn besagter Kunde erscheint, ist sehr wahrscheinlich. In der Apotheke sind wir alle nett und freundlich, haben für die Sorgen und Nöte unserer Kunden stets ein offenes Ohr und ein Lächeln übrig. Selbst wenn der Mann, der vor uns steht, seltsam ist, extrem schüchtern, mit 45 noch bei Mama wohnt, Schuppen in den Haaren, Nagelpilz oder Mundgeruch hat, wir lächeln ihn freundlich an, fragen nach seinem Befinden oder nach der Frau Mama, legen noch was Nettes in die Tüte mit den Arzneimitteln hinein. Wenn ihm jetzt noch die Optik halbwegs gefällt, haben wir ihn an der Backe.
Manche sind recht dezent, fragen nur bei den Kolleginnen, sollten diese ihn bedienen wollen, ob das nicht die Frau XY machen könnte und schauen dieser dann besonders tief in die Augen. Das ist okay. Einmal kam eine gut 90 Jahre alte stark übergewichtige Dame mit dem Rollator in die Apotheke geschnauft und verlangte recht herrisch, sie wolle das Fräulein Ptachen sehen (ich war damals Anfang 20). Als ich nach vorne kam, betrachtete sie mich langsam von oben bis unten. Ich fragte, ob ich ihr irgendwie behilflich sein kann, da meinte sie nur kurz, sie wollte mich nur mal anschauen, um zu wissen, von wem ihr Sohn da immer erzählt (der war schon gut 60 Jahre alt, geistig etwas minderbemittelt und wohnte seit Jahr und Tag bei ihr).
Manche Verehrer sind gruselig …
Das sorgte zwar noch für Lacher bei den Kollegen, aber ich fühlte mich jetzt schon entschieden unwohler, wenn ich ihn bediente. Wenn aber dann ein solcher Verehrer im Winter kurz vor Ladenschluss in der Apotheke erscheint und sagt, er habe sich gedacht, er begleitet mich jetzt jeden Abend zum Auto, damit mir im Dunklen nichts passiert, dann ist das nicht nur etwas strange sondern richtig unheimlich.
Zum Glück hat mein damaliger Chef ihm versichert, dass das nicht nötig sei, weil er seine Angestellten immer begleiten würde. Das sind trotzdem bisher noch die harmlosen Typen gewesen. Lästig zwar, aber eher die schüchterne „Variante“. Schlimmer sind die Verehrer, die es im Beruf zu etwas gebracht haben, aber im Privatleben nicht. Die, die sich für ein Gottesgeschenk an die Weiblichkeit halten und meinen, dass sich so ein "Apothekenmäuschen" doch glücklich schätzen müsste, wenn sie von ihm auserkoren wurde. Einem Oberlehrer/Filialleiter der Sparkasse/ Dr. Dr. Irgendwas.
… andere wiederum sehr hartnäckig
Die kann man nicht mit einem freundlichen „Nein, tut mir leid. Nach der Apotheke habe ich Feierabend und den möchte ich mit meinem Freund verbringen.“ loswerden. Die tun den Freund/Mann/Verlobten mit einer kurzen Handbewegung ab. Man wolle doch „nur“ einen Kaffee miteinander trinken gehen oder einen kleinen Cocktail. Da müsse man sich doch nicht so anstellen! Gewisse Freiheiten müsse eine Beziehung doch aushalten, sonst wäre die sowieso früher oder später zum Scheitern verurteilt, nicht wahr?
Dieser Verehrertyp schafft es auch jedes Mal, dann aufzukreuzen, wenn der Chef nicht da ist. Kommt der plötzlich durch die Türe oder vom Büro aus vor in den HV, ist auf einmal Schluss mit dem Herumgegockel. Einmal stand Herr Dr. Dr. Maggeprank fünf Minuten vor Feierabend mit einer Flasche Champagner und zwei Sektgläsern vor der Apotheke und lief da wie ein Gefängniswärter auf und ab. Ich sprach mit meinen Kolleginnen kurz die Strategie ab und verschwand über unseren Hinterausgang, während die beiden ihn vorne ablenken, damit ich hinter die Autoreihen geduckt verschwinden konnte. Krank!
… und einige sind etwas ganz besonderes
Das würde mir heute, 15 Jahre reicher an Erfahrung, auch nicht mehr passieren. Erstens, weil ich mit Ende 30 nicht mehr ins Beuteschema falle und zweitens, weil ich inzwischen selbstbewusst genug wäre, so jemandem eine glasklare Ansage zu machen, wohin er sich den Champagner stecken kann … Zuletzt sei jener Typ Verehrer aus den Reihen der Kundschaft genannt, der NICHT unerwünscht ist. Meine Kollegin Maria hat vor über 30 Jahren von einem solchen Herren einen Blumenstrauß mit roten Rosen bekommen und hat inzwischen schon die Silberhochzeit gefeiert :-)