Erstmals hat das BfArM einem Schmerzpatienten erlaubt, selbst Cannabis anzubauen. Die Genehmigung ist befristet, bis Hermann Gröhes „Hanfgesetz“ gelten wird. Damit setzen Behörden eine höchstrichterliche Anweisung um.
Klare Worte aus Leipzig: Bereits im April forderte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), einem MS-Patienten die Möglichkeit zu geben, Medizinalhanf anzubauen (BVerwG 3 C 10.14). Nach Paragraph 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) kann das BfArM eine Erlaubnis zum Anbau von Cannabis ausnahmsweise erteilen. Nur waren Behördenvertreter dazu nicht bereit. Legale Alternativen konnte sich der Kläger nicht leisten. Und seine Krankenkasse weigerte sich standhaft, die Kosten zu übernehmen.
In einem Schreiben gibt das BfArM jetzt klein bei. Beamte erteilen dem Kläger eine Ausnahmeerlaubnis, um zeitlich befristet Cannabis für die Selbstttherapie anzubauen. Dass seine Wohnung ausreichend gesichert ist, stellte zuvor schon das BVerwG fest. Zweifel hinsichtlich eines möglichen Missbrauchs ließen sich ebenfalls nicht finden. Die Sondergenehmigung erlischt, sobald Medizinalhanf zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen verschrieben werden darf. „Eine medizinische Versorgung mit eigenangebautem Cannabis im Wege einer Ausnahmeerlaubnis nach dem BtMG ist dann nicht (länger) notwendig und geboten, wenn Cannabis als Medizinal-Cannabis in pharmazeutischer Qualität aus kontrolliertem Anbau verschreibungs- sowie erstattungsfähig ist und in diesem Rahmen aufgrund einer ärztlichen Erstverschreibung erstmals in einer Apotheke bezogen werden kann und von der gesetzlichen Krankenversicherung des Erlaubnisinhabers erstattet wird“, schreibt das BfArM.
Zum Hintergrund: Das Leipziger Urteil führte kurzfristig zu 130 Anträgen auf Eigenanbau. Mittlerweile ebbte die Welle zwar ab. Das Grundproblem blieb. In jedem Einzelfall hätten Patienten und BfArM-Juristen bis zur obersten Instanz geklagt und Recht oft Erfolg gehabt. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) – er war von Cannabis als Arzneimittel anfangs nicht begeistert – brachte schließlich ein Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften auf den Weg. Er verpflichtet GKVen über Änderungen im V. Sozialgesetzbuch, entsprechende Medikamente zu erstatten. Eine bundesweit aktive „Hanfagentur“ soll ermitteln, wie hoch der Bedarf ist, Produzenten an Land ziehen und Cannabis an pharmazeutische Hersteller beziehungsweise Großhändler verteilen. Gleichzeitig verpflichtet er Ärzte, Daten zur Verordnung anonymisiert weiterzugeben. Eigentlich sollten die gesetzlichen Änderungen Anfang 2017 greifen. Das BfArM erlauft aufgrund „nötiger Anpassungen“, Medizinalhanf bis 30. Juni 2017 anzubauen. Sollte es wider Erwarten zu Verzögerungen kommen, kann der MS-Patient mit längeren Fristen rechnen.