Das schlechte Ergebnis von CDU/CSU und SPD war letzten Sonntag nur durch eine Nachricht zu toppen: Sozialdemokraten ziehen sich in die Opposition zurück. Jetzt stehen alle Signale auf Jamaika – und Apotheker blicken in eine ungewisse Zukunft.
Das offizielle Endergebnis der Bundestagswahl steht fest – und SPD-Chef Martin Schulz sprach sich klar gegen eine weitere „Groko“ aus. Viele Apotheker sind ja mit den Sozialdemokraten ohnehin nicht mehr besonders dicke, seit Hermann Gröhes Gesetzesentwurf zum Rx-Versandverbot im roten Rauch aufgegangen ist.
Good-bye, Groko
Noch beim letzten Apothekertag hatte der scheidende Bundesgesundheitsminister versprochen, die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel per Koalitionsvertrag in Stein zu meißeln – in der starken Hoffnung auf eine neue Auflage der großen Koalition. Doch es kam anders.
Deutschlands Wähler straften die großen bürgerlichen Parteien ab. CDU und CSU kommen auf 200 Sitze (minus 55), bei der SPD sind es 153 (minus 40), bei der FDP 80, und bei den Grünen 67 (plus 4).
Sollte die SPD bei ihrem kategorischen Nein zur Koalition bleiben, gibt es nur noch Jamaika als Konstellation einer künftigen Regierung. Dies wirft aus apothekerlicher Sicht gleich mehrere Fragen auf.
Wer wird Bundesgesundheitsminister?
Angela Merkel war mit Hermann Gröhe augenscheinlich zufrieden. Der Christdemokrat sah sein Ressort noch vor wenigen Wochen fest in Unionshänden. Er wünschte sich, die eigene Arbeit fortzusetzen.
Jetzt wurden die Karten neu gemischt. In früheren Jahren hat sich auch die FDP in dieser Position breitgemacht. Daniel Bahr und Philipp Rösler sind uns noch gut in Erinnerung. Mit neu erstarkten Freien Demokraten lässt sich das Szenario nicht vom Tisch wischen. Aktuell bearbeitet FDP-Vize Marie-Agnes Strack-Zimmermann gesundheitspolitische Aspekte.
Dass die Grünen eine Ministerin oder einen Minister in dieses Ressort entsenden, gilt in Berlin als eher unwahrscheinlich. Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche sowie Harald Terpe bringen sich eher in den zuständigen Ausschuss ein.
Hat eine gesetzliche Neuregelung zum Rx-Versandverbot Zukunft?
Wohl kaum, muss man der Ehrlichkeit halber sagen. Sowohl die Grünen als auch die Liberalen machen sich für flächendeckende Versorgungsstrukturen stark. Gesetzliche Einschränkungen wie sie Gröhe als Entwurf zu Papier gebracht hat, werden beide Parteien nicht unterstützen. Ein möglicher Konsens zwischen FDP und den Grünen wäre das Höchstpreis-Modell mit gedeckelten Boni. Die Union wird sich wohl der Mehrheit beugen.
Kommt die Kette?
In den letzten Jahren hatten sich Freie Demokraten öfter für die Aufhebung des Fremdbesitzverbots ausgesprochen. Auch die Grünen sind dieser Liberalisierung gegenüber nicht abgeneigt. Sie sehen darin Möglichkeiten, um Versorgungslücken in ländlichen Regionen zu schließen. Dass sich CDU oder CSU kurzfristig auf Liberalisierungen einlassen, ist wenig wahrscheinlich. In dieser Legislaturperiode könnte der Druck aber gewaltig steigen.
Gibt es auch mal gute Nachrichten?
Alle drei Parteien der möglichen Jamaika-Koalition können sich ein neues Honorierungsmodell für öffentliche Apotheken vorstellen. Die Reise geht vielleicht schon bald weg von Packungszahlen und hin zu echten Beratungshonoraren. Ob das Thema schon im Koalitionsvertrag paraphiert wird, ist derzeit offen.