Aufatmen bei Apothekern: Der Bundesgerichtshof hat sich klar für Großhandelsskonti ausgesprochen. Endlich ein gutes Urteil für die Branche. Wer sich jetzt entspannt zurücklehnt, vergibt große Chancen. Nie waren die Voraussetzungen besser, um mit Grossisten zu verhandeln.
Skonti von Großhändlern sind keine Rabatte im arzneimittelrechtlichen Sinne – zu diesem Fazit ist der Bundesgerichtshof (BGH) in einem mit Spannung erwarteten Urteil gekommen. Grossisten sind also nicht verpflichtet, bei der Abgabe von Rx-Präparaten Preisuntergrenzen zu beachten.
Welches Gesetz gilt hier eigentlich?
Damit herrscht nach rund zwei Jahren endlich Klarheit bei dem heiß diskutierten Thema. Ausgangspunkt waren Werbungen des noch vergleichsweise jungen Großhandels AEP. Inhaber sollten auf alle Rx-Artikel bis 70 Euro Vergünstigungen von 3 Prozent plus 2,5 Prozent Skonto auf den rabattierten Preis erhalten. Bei hochpreisigen Präparaten war von 2,0 Prozent Rabatt plus 2,5 Prozent Skonto die Rede. Das gefiel der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs ganz und gar nicht. Sie witterte einen Verstoß gegen die Preisvorschriften laut Paragraph 78 des Arzneimittelgesetzes (AMG) und Paragraph 2 der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). AEP teilte diese Sichtweise nicht. Damit blieb nur noch der Klageweg.
Auf glühenden Kohlen durch alle Instanzen
Am 22. Oktober 2015 hat das Landgericht Aschaffenburg die Klage von Verbraucherschützern abgewiesen (Az.: 1 HK O 24/15). Doch das Oberlandesgericht Bamberg kam mit Hinweis auf die AMPreisV zu einem gänzlich konträren Urteil (Az.: 3 U 216/15). Demnach sei am Festzuschlag von mindestens 70 Cent bei Rx-Präparaten nicht zu rütteln.
Im aktuellen Urteil (Az.: I ZR 172/16) stellten BGH-Richter klar, in der AMPreisV werde lediglich eine preisliche Obergrenze, aber keine Untergrenze definiert. „Das ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Vorschrift selbst („darf … höchstens … erhoben werden“) als auch aus dem Vergleich mit dem abweichenden Wortlaut der Bestimmung zu Apothekenzuschlägen für Fertigarzneimittel in § 3 Abs. 2 Nr. 1 AMPreisV („… ist zu erheben …“), so die Argumentation. Bleibt als Fazit: Grossisten können auf den preisabhängigen, bis zur Höchstgrenze von 3,15 Prozent veränderlichen Zuschlag beziehungsweise auf den Festzuschlag von 70 Cent verzichten.
Was wünscht sich der Gesetzgeber?
Diese Argumentation macht auch aus Sicht des Gesetzgebers Sinn. Die mittlerweile schon etwas aufgeweichte Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Präparaten soll Patienten vor der eigenen „Geiz ist geil“-Mentalität schützen. Ohne Rezept gibt es rein theoretisch kein Rx-Präparat. Doch so mancher Arzt drückt eben doch ein Auge zu, und sei es nur per Privatrezept.
Her mit den Außendienstlern
Doch zurück zu Apothekenleitern und ihrem nicht ganz spannungsfreien Verhältnis zum Großhandel. Die Branche hat angespannt auf das Urteil gewartet. Jetzt ist es an der Zeit, alte Verträge unter die Lupe zu nehmen und neue Konditionen auszuhandeln. Konkurrenz belebt das Geschäft, nie war die Gelegenheit günstiger.