Jeder kennt sie: McSexy und Co. Die Helden in Scrubs, die Unfallchirurgen aus dem Lehrbuch. Die Notarztjacke lässig über der Schulter, das Selbstbewusstsein größer als die stolz geschwellte Brust. Ein spektakuläres Charisma und ständig dieses sympathische Zwinkern im Gesicht.
Sie sind die Leader im Assistententeam, die Guten unter den Oberärzten, die Sympathischen in der Mannschaft.
Ihre Wirkung ist ihnen sehr wohl bekannt. Sie nutzen es für ihre Planung der Dienste, der Fortbildungstage, der Urlaube, der noch notwendigen Operationen für den OP-Katalog. Die Schwestern auf Station legen schon mal eine nächtliche Viggo, die Notaufnahmeschwestern lassen den lieben Herrn Doktor nachts auch mal eine Stunde länger schlafen, bis sie den betrunkenen Patienten in Kabine 2 melden. Die Chefsekretärin erledigt etwas zusätzlichen Papierkram und die morgendlichen Attitüden werden mit einem Stück selbstgebackenem Kuchen besänftigt.
„Ist McSexy denn heute nicht da?“
Die Patienten erinnern sich an sie und sagen ihner Anwesenheit eine heilende Wirkung nach. Sie kommen, um sich extra von ihnen operieren zu lassen. Die Patienten laden sie zu ihren Konzerten und Fußballspielen ein und verschenken schon mal Gutscheine für ein Abendessen. Die McSexys betreten den Raum und die Patienten vergessen, warum sie eigentlich gekommen sind.
Natürlich nicht bei allen. Bei einigen Patientinnen führt es sogar zu verstärkten Beschwerden: „Ist McSexy denn heute nicht in der Notaufnahme? Letzte Woche und am Samstag war er nämlich hier. Er hat gemeint, wenn es nicht besser wird, soll ich unbedingt noch einmal zu ihm kommen.“
Aha, das bezweifle ich. „Nein, er hat heute keinen Dienst. Aber ich werde ihm ausrichten, dass sie da waren.“
„Okay. Hmm. Ja. Also, wann hat er denn wieder Dienst? Wissen Sie, er kennt ja jetzt meine Beschwerden und den Verlauf und so …“
Arbeiten hier alle für McSexy?
Heute musste ich an den Kollegen McSexy schon meine geplante Unterschenkelfraktur abdrücken, weil sich die Patientin ausdrücklich nur von ihm operieren lassen wollte. Außerdem lagen eben zwei zusätzliche Patientenakten in meinem Fach, die noch dringend einen Entlassbrief brauchten – „dringend“ in diesem Fall unterstrichen und mit der Unterschrift der Chefsekretärin versehen, außerdem ein Anruf in Abwesenheit von ihr und eine extra Email im Postfach. Der Kollege McSexy kommt eben nicht dazu. Jetzt, wo er den ganzen Tag im OP ist.
Mein Augenrollen kann ich nicht unterdrücken, als ich zur Patientin sage: „Möchten Sie denn seine Telefonnummer haben? Die vom Krankenhaus oder die private Handynummer? Vielleicht die Handynummer seiner Frau oder die der Schwiegermutter? Dann könnten Sie gleich die nächsten Termine hier in der Notaufnahme direkt mit ihm abstimmen.“
Nein, das wollte sie dann doch nicht.