Sexuelle Aktivität, exzitative Erregung und Orgasmen als sexuelle Höhepunkte sind nicht erst seit den Forschungen von Kinsey bzw. Masters und Johnson als Stressfaktoren für Herz und Kreislauf bzw. Risikofaktoren für hypertensive Krisen, Angina pectoris (AP), akute Koronarsyndrome (ACS), Myokardinfarkte (MI) bekannt. Doch selbst Patienten nach Herzinfarkt aus internistisch-kardiologischer Sicht...
...ist unter angemessener Therapie und Risikoaufklärung nicht verwehrt, weiterhin sexuell aktiv zu sein. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass die sexuelle Lust dem Herzen so zusetzt, dass es zum Herzstillstand kommt, sei sehr gering. So der Grundtenor bisheriger Studien
Kommt es in seltenen Fällen zu einem solchen Ereignis, haben Männer schlechtere Karten. Die Studie "Oregon SUDS" (Sudden Unexpected Death Study) wurde auf dem diesjährigen Kongress der American Heart Association (AHA) in Anaheim/USA dargestellt und zeitgleich als "Research Letter" im Fachblatt "Journal of the American College of Cardiology" (JACC) http://2017, 70, 20: 2599–2600 publiziert.
Insgesamt 4.557 in der Zeit von 2002 bis 2015 registrierte Fälle von plötzlichem Herzstillstand wurden analysiert. Die Forscher des Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles um Dr. Sumeet Chugh fanden dabei 34 Herzstillstände (0,75%), die in zeitlichem Zusammenhang mit sexueller Aktivität auftraten. Das absolute Risiko sei demnach extrem niedrig, wurde behauptet.
Von 34 Herzstillständen waren N=18 während der sexuellen Aktivität und N=15 in den ersten Minuten nach dem Sex aufgetreten; in N=1 war die zeitliche Zuordnung uneindeutig. Betroffen waren N=32 (94%) Männer von insgesamt 34 Fällen. N=2 Frauen waren nur in 6% betroffen. Von allen 34 Betroffenen hatten 29 Prozent eine KHK und 26 Prozent eine symptomatische Herzinsuffizienz in der Vorgeschichte, über 50% nahmen kardiovaskulär wirksame Arzneien ein.
Doch wenn die Forscher des Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles um Dr. Sumeet Chugh ["corresponding author"] nur mal nachgerechnet hätten? "Sexual Activity as a Trigger for Sudden Cardiac Arrest" von Aapo L. Aro et al.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0735109717397607
beschreibt, wie von verschiedenen Autorenteams auch zuvor veröffentlicht, ein nur scheinbar sehr seltenes klinisches Ereignis, das hier zu 94% bei Männern und nur zu 6% bei Frauen aufgetreten war. In den 14 Beobachtungs-Jahren wurden von 2002 bis 2015 von Forschern des Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles um Dr. Sumeet Chugh 4.557 plötzliche Herzstillstände untersucht. Davon waren 34 Herzstillstände (0,75 Prozent) in zeitlichem Zusammenhang mit sexueller Aktivität aufgetreten.
Eine Quintessenz "Herztod beim Sex: Wohl eher eine Rarität" gibt die Schlussfolgerungen der "Oregon SUDS"-Studie (Sudden Unexpected Death Study) zwar korrekt wieder: Aber die Publikation arbeitet mit irrigen Vorstellungen und systematischen Fehlannahmen der menschlichen sexuellen Lebensgewohnheiten.
Folgende Simulationrechnung:
Denn es ereigneten sich 34 Herzstillstände, das sind 0,75% von 4.557, im zeitlichen Zusammenhang mit sexueller Aktivität während eines Zeitraum von nur 21.840 Minuten.
Das inzidente Risiko für einen Herzstillstand o h n e begleitende sexuelle Aktivitäten beträgt demnach 0,06165 Prozent.
Dagegen liegt das inzidente Risiko für einen Herzstillstand m i t begleitenden sexuellen Aktivitäten bei 0,15568 Prozent, also um den Faktor 2,5 h ö h e r als Herzstillstand-Risiken ohne zeitlichen Zusammenhang mit sexueller Aktivität.
"Sexual Activity as a Trigger for Sudden Cardiac Arrest" sollte nach meinen Berechnungen eher als durchaus bemerkenswert gefährlicher Auslöser des plötzlichen Herzstillstandes gelten.
Abbildung: "Fliegen" mit Herzstillstandrisiko? Copyright Praxis Dr. Schätzler