Wie zwei aktuelle Fallberichte aus der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) zeigen, kann auch die zu hoch dosierte Einnahme vermeintlich unbedenklicher Vitamin D-Supplemente gravierende Nebenwirkungen haben und gesundheitsschädlich sein.
Eine 78-jährige Patientin und ein 60-jähriger Patient hatten sich ohne ärztliche Rücksprache Vitamin-D-haltige Präparate besorgt und täglich sehr hohe Dosen an Vitamin D3 eingenommen (10.000 IE/d bzw. 50.000 IE/d).
Überdosierung verursacht Nierenversagen
In der Folge kam es bei beiden zu einem akuten Nierenversagen. Für die Patientin wurden dabei stark erhöhte Calciumwerte von 3,4 mmol/l dokumentiert (Normbereich der Serumkonzentrationen: 2,15 – 2,58 mmol/l). Klinisch stellt sich eine derartige Hypercalcämie typischerweise mit Weichteilverkalkungen, Herzrhythmusstörungen, Nierensteinen und eben Nierenversagen dar. In beiden vorliegenden Fällen gab es außer der hochdosierten Vitamin-D-Zufuhr keine Hinweise auf andere mögliche Ursachen für das Nierenversagen. Über die Anwendungsdauer sowie parallel angewendete Supplemente ist nichts bekannt.
Während sich der Zustand der Patientin durch intensive nephrologische Therapie kurzfristig besserte, trug der Patient aufgrund massiver Mikroverkalkungen in der Niere eine bleibende, schwere Niereninsuffizienz mit lebenslanger Dialysepflicht davon.
Alles über 800 I.E. ist verschreibungspflichtig. Eigentlich …
Die physiologische Bedeutung von Vitamin D für die Knochengesundheit ist bekannt. Zu den zahlreichen komplexen Wirkungendes Vitamins gehört auch die Regulation des Calciumspiegels im Blut. Bei nachgewiesenem Vitamin-D-Mangel kann das Vitamin supplementiert werden, wofür jedoch in der Regel eine Dosis von 800 I.E. pro Tag ausreicht (BVL 2017).
Sind aus medizinischen Gründen höhere Dosierungen erforderlich, sollte dies unbedingt unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle erfolgen. Als sichere Obergrenze für die tägliche Aufnahme von Vitamin D wurde von der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für Erwachsene das „tolerable upper intake level“ festgesetzt, das ist eine Dosis von 4.000 I.E. pro Tag (EFSA 2012). Darüber hinausgehende Dosierungen manifestieren sich typischerweise als erhöhte Calciumspiegel im Blut mit den oben beschriebenen, gravierenden Folgen.
Im Internet wird man leider immer fündig
In Deutschland sind Vitamin-D-Präparate mit Tagesdosierungen über 1.000 I.E. verschreibungspflichtig; in den beiden hier genannten Fällen war es jedoch so, dass die Patienten die hochdosierten Präparate über das Internet bei ausländischen Anbietern erworben hatten.
Im Rahmen einer Arzneimittelanamnese sollte deshalb auch dringend nach der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln und Supplementen gefragt werden; bei hochdosierten Vitamin-D-Präparaten ohne medizinische Indikation und ärztliche Kontrolle ist dabei besondere Vorsicht geboten.