In den Wochen nach Silvester ist ein Krankheitsbild in der HNO-Praxis besonders häufig: das Knalltrauma. Ein paar Sätze zur Entstehung, Prävention und Therapie.
In den ersten Tagen des neuen Jahres werden sich vermehrt Patienten mit einer plötzlichen Hörminderung und einem Pfeifton vorstellen. Unser Audiogramm wird ununterbrochen laufen.
Dann liegt in den meisten Fällen ein Knalltrauma vor, das folgendermaßen entsteht: Schall wird von der Ohrmuschel eingefangen und über den Gehörgang zum Trommelfell geleitet. Eine Weiterleitung über Hammer, Amboss und Steigbügel erfolgt an das Innenohr. Über einen faszinierenden Mechanismus werden Sinneszellen frequenzabhängig aktiviert und elektrische Impulse an das Gehirn nach mehreren Verschaltungen gesendet. Unterschiedliche Vorgänge können den Impuls verstärken oder abmildern.
Wenn plötzlich Böller geworfen werden
Aber es gibt natürlich Grenzen. Wenn der Schalldruckpegel zu hoch ist, können Strukturen zerstört oder zu starke Impulse an das Gehirn geleitet werden. Die Folgen können vorübergehend oder permanent sein. Natürlich kann man sich theoretisch schützen, indem man Abstand zu einem Feuerwerk hält. Das hilft aber nicht, wenn plötzlich aus der Menge Böller geworfen werden.
Falls es doch unmittelbar durch einen lauten Knall oder eine Explosion zu einem Hörverlust kommt, steht die Diagnose fest. Mit einer einfachen Untersuchung kann man das Ausmaß des Schadens feststellen. Ist das Trommelfell noch intakt oder durch eine Druckwelle perforiert? Ist vielleicht doch Cerumen oder ein Fremdkörper Schuld?
Wie wird untersucht?
Ist die Otoskopie unauffällig, kann man mit der Stimmgabel die Versuche „Rinne“ und „Weber“ durchführen. Es ist eine Unterscheidung möglich, ob der Schaden im Mittelohr oder Innenohr vorliegt. Die Mediziner unter Ihnen werden sich an dieses Detail erinnern, das fast immer Teil der HNO-Prüfungsaufgaben des zweiten Staatsexamens war. Ein HNO-Arzt würde jetzt noch einen Hörtest anfertigen und wahrscheinlich ein Absinken der Hörkurve im Hochtonbereich um die 4.000 Hz messen.
Eine Spontanheilung ist möglich. Falls Die Beschwerden aber am nächsten Tag persistieren, sollte man über eine medikamentöse Therapie nachdenken. Mittel der Wahl sind Glukokortikoide. Es gibt unterschiedliche Schemata, die einen hochdosierten Beginn mit rasch absteigenden Dosierungen gemeinsam haben.
Frühe Therapie ist wichtig
Nach Abwägen der Risiken ist die frühzeitige Anwendung wichtig! Hierbei kommt es nicht auf Stunden, aber auf Tage an. Eine Erfolgsgarantie gibt es, wie so häufig in der Medizin, nicht. Die Wahrscheinlichkeit einer Verbesserung steigt jedoch gegenüber keiner oder anderen Therapien deutlich.
Eine Leitlinie gibt es derzeit noch nicht. Aber die Parallelen zum akuten Hörsturz sind groß, sodass diese angewendet werden.
Ich rate unbedingt zu einer raschen Vorstellung des Patienten beim HNO-Arzt. Betroffene, die mit ihrem Problem zum Hausarzt oder in die Apotheke gehen, sollten schnell an einen Facharzt verwiesen werden. Bei ausgeprägten Befunden mit Trommelfellperforation und drohender Ertaubung kann dann auch der Besuch einer HNO-Klinik notwendig sein.