Ein Diabetiker kauft in der Apotheke immer mal wieder Hustenbonbons. Dass er die aber gar nicht gegen Husten, sondern bei drohender Unterzuckerung nimmt, weiß die Apothekerin nicht. Im Nachhinein hätte sie ihm lieber Traubenzucker gegeben.
Das Beispiel des Notfalls im letzten Blogpost war eine Hypoglykämie: Eine Unterzuckerung, die ziemlich schnell, ziemlich gefährlich werden kann. Wer Medikamente gegen hohen Blutzucker nimmt (oder gar Insulin spritzt) muss sich vor Hypoglykämien in Acht nehmen. Die Patienten selbst – vor allem, wenn sie sich intensiv mit ihrem Diabetes beschäftigt haben – sollten die Warnzeichen kennen.
Wenn die Unterzuckerung naht
Eine Hypoglykämie ist definiert als ein Blutzuckerspiegel unter 2,8mmol/l (50mg/dl). In der Regel ist das begleitet von Symptomen wie Schwitzen, Herzklopfen, Heißhunger, Verwirrung, Sprach- und Sehstörungen, bis hin zu Krampfanfällen und Koma. Eine schwere Hypoglykämie kann aber auch ohne Vorwarnung auftreten. Wenn man Insulin spritzt, ist es wichtig, dass man relativ zeitnah etwas isst. Speziell bei den schnellwirkenden Insulinen kann sonst der Blutzucker rasch abfallen.
Wenn der Blutzucker abfällt, gilt es so rasch wie möglich einfache Kohlenhydrate zu nehmen, beispielsweise in Form von Traubenzucker oder Orangensaft. In dem Moment macht es auch nichts, wenn man einem Zuckerkranken Zucker gibt, denn ein niedriger Blutzucker ist viel schlimmer als ein momentan zu hoher.
Mit Hustenbonbons gegen Hypoglykämie
Soviel zur Vorabinfo. Vor ein paar Jahren gab es nämlich einen Blogpost im „Bestatterwebblog“ von Peter Willhelm, in dem er über seinen Diabetes schreibt – und darüber, wie ein Mann wohl wegen nicht erfolgter Beratung bei freiverkäuflichen Bonbons gestorben ist:
Ein (in der Apotheke bekannter) Diabetiker kauft in der Apotheke auch immer Hustenbonbons. Er nimmt sie allerdings nicht bei Husten, sondern wenn eine Unterzuckerung droht. Weil er aber eine neue zuckerfreie Sorte nimmt, helfen sie ihm nicht, als er tatsächlich eine Hypoglykämie bekommt. Er stirbt.
Das ist tragisch, schreibt der Bestatter. Ja, das ist es. Aber hat die Angestellte in der Apotheke wirklich gewusst, wofür er die Bonbons braucht? Hat er es beim Einkauf so gesagt? In meinen Augen nimmt man bei einer Unterzuckerung sowieso besser Traubenzucker – der löst sich viel schneller auf als so ein Bonbon. Die sollten schließlich in erster Linie wegen der halsberuhigenden Wirkung gekauft werden.
Dennoch: Der Mann könnte noch leben. Wenn er die richtigen Zuckerbonbons bekommen hätte. Wenn die Hypoglykämie rechtzeitig erkannt und behandelt worden wäre. Wenn …
Für uns in der Apotheke ist das vielleicht ein Denkanstoß, auch bei diesen einfachen Bestellungen genau hinzuhören. Und nachzufragen: „Für Sie selber?“, „Für was brauchen Sie es?“ …